"Das ist ein 'circuit rlc', also Widerstand, Spule und Kondensator. Der Widerstand steht für die inneren und äußeren Widerstände. Die Spule steht für Induktion, für das, was wir aussenden. Der Kondensator ist vielleicht das, was wir uns an Wissen aneignen, oder wie lange wir warten und irgendwann kommt es dann zur Entladung und es wird Energie freigesetzt."
Mit Bauelementen von elektronischen Schaltkreisen kennt sich der studierte Ingenieur aus. Als "artiste-ingénieur" verwandelt er sie in Symbole der Identitätssuche. "Und wenn es uns den Frieden kostet" heißt die Ausstellung, die Didier Scheuren schon im Aachener Atelierhaus gezeigt hat.
"Die Arbeiten dienen als Impulsgeber, um vielleicht einmal jenseits des Tellerrandes nachzudenken: Wo sehe ich mich drin, was bewegt mich? Als Mann habe ich eher weibliche Themen aufgegriffen. Es gibt Frauenkreise, Männerkreise. Wir Männer positionieren uns zu unserer Sensibilität und Fragilität. Darum auch hier klassisch die Farben rosa und blau. Das schafft einen schönen Kontrast."
Es sind Zeichnungen und Installationsobjekte, die Didier Scheuren gerne aus Objekten kreiert, die er im Alltag entdeckt. "Hier innen drin ist das Holz faul. Wir können uns eigentlich anziehen, was wir wollen, wenn es innen nicht in Ordnung ist, kriegen wir das nicht hin. Und wie kriegen wir das hin? Indem wir miteinander reden, uns Geschichten erzählen und uns dadurch ein Stück mehr erfahren können."
Kontakte zur internationalen Kunstszene
Begegnung und Austausch waren und sind für Didier Scheuren wichtig. Letztes Jahr war er viel unterwegs: Finnland, Griechenland, Ukraine - seine Kontakte zur internationalen Kunstszene sind beeindruckend. "Ich bringe diese Kontakte mit. Ich hatte ja letztes Jahr das Residenzprojekt. Die kommen jetzt, kommen von weit her, um in den Kuckuck zu kommen. Hier werden wir zusammenarbeiten und leben und Dinge entstehen lassen."
Aus den vielen Begegnungen entstehen filigrane Zeichnungen. Didier Scheuren nennt sie "Mandelkern-Protokolle" - nach dem Mandelkern im Gehirn, der Amygdala, die Ereignisse mit Emotionen verknüpft und abspeichert. Das Konzept war ausschlaggebend für seine Wahl zum Künstler Ostbelgiens. "Es hat mich befeuert und tut es weiterhin. Ich sehe meine Aufgabe weiter darin: Was kann ich für die Region machen? Wie kann man das alles auf den Kopf stellen im guten Sinne, ohne Menschen vor den Kopf zu stoßen und zu zeigen: Es gibt auch noch andere Dinge."
Kultur der Verbundenheit schaffen
Menschen zusammenbringen ist für Didier Scheuren eine Herzensangelegenheit - über die Kunst hinaus. "Aber eine meiner zentralen Fragen ist: Wie können wir wieder eine Kultur der Verbundenheit schaffen? Sei es zum Nachbarn rüberzugehen und Kaffee mit ihm zu trinken. Das Kleine ist, wo Herzflatter-Momente entstehen."
Im neuen Jahr freut sich Didier Scheuren auf viele spannende Projekte: Ausstellungen, Kooperationen, Workshops, lokal und international - immer mit offenem Blick. "Es geht auch darum, eine Zuversicht zu entwickeln, dass sich die Dinge verändern. Netflix ist voll mit dystopischen Szenarien. Aber als Künstler darf man auch im Dunkeln das Licht suchen und in anderer Form zurückbringen."
Michaela Brücl