Es ist ein Wiedersehen an diesem Morgen in der Galerie Fox: ein Wiedersehen für mich als Reporterin mit einem Maler. Denn es war genau heute vor 26 Jahren, dass ich Adolf Christmann zuletzt interviewt habe. Und es war genau heute vor 26 Jahren, dass mich der Eupener Künstler porträtiert hat.
"Das ist toll. Also ich habe diese Zeichnungen - tausende - gemacht. Als ich in Paris war, habe ich täglich im Durchschnitt 20 solcher Zeichnungen gemacht. In der Hauptsaison war ich da. Jeden Tag habe ich das gemacht. In Eupen habe ich auch welche gemacht."
20 Jahre war ich damals. 70 Jahre war Adolf Christmann damals. Ein Moment, festgehalten mit wenigen Kohlestrichen. So sind unzählige Porträts entstanden. "Damit habe ich hauptsächlich mein Geld verdient, mit Porträtieren. Wenn ich das nicht gekonnt hätte, da hätte ich was anderes machen müssen."
Heute ist Adolf Christmann 96 Jahre. Die Porträts hat er hinter sich gelassen, auch die Eupener Gassen, die Vennlandschaften, die spanischen Tänzerinnen und die Stillleben. Das alles war einmal. Heute erleben wir einen ganz neuen Adolf Christmann. "Als ich diese Ausstellung von Gerhard Richter gesehen habe im Ludwigsmuseum, war das der Anlass, um abstrakte Bilder zu malen. Da habe ich angefangen. Direkt am nächsten Tag habe ich mein erstes abstraktes Bild gemalt. Und so hat sich das dann ergeben, dass ich weiter gemacht habe. In der Corona-Zeit habe ich 30 Bilder gemalt."
"Ich war oft unterwegs in der Natur und habe dann gedacht: 'Mensch, das sieht ja aus wie ein abstraktes Bild'. Da habe ich mir dann eine kleine Zeichnung gemacht und die Farben dazu notiert und dann habe ich das gemacht. Manchmal kommen die Farben ganz von alleine. Wenn ich die Leinwand habe und anfange zu malen, dann kommen die Farben, an die ich vorher gar nicht gedacht habe, plötzlich von alleine."
Galerist Michael Bohn ist von dem "anderen Adolf Christmann" mehr als überrascht. Ein Freund hat ihn auf die neuen Bilder aufmerksam gemacht. Ein Anruf genügte und schon stand die Ausstellung.
"Ich denke, es ist eine Apotheose von dem, was er gemacht hat. Und jetzt diese Freiheit, die er genießt, die strahlt aus den Bildern raus. Man sieht wirklich, das ihm das jetzt verdammt Spaß gemacht hat. Mehr als eine Auftragsarbeit mit einer ockerfarbenen Vennlandschaft oder eine Straßenszene. Und auch die Tatsache, dass er in dem Alter noch einen Fortschritt macht und seine Kunst weiterentwickelt, was ja auch ein Risiko beinhaltet - einfach toll!"
Adolf Christmann und die figurative Kunst - so ganz los, wird er sein früheres Schaffen wohl nie. Zum Abschied signiert er mein Porträt noch einmal: 26 Jahre später. Am 21. September 2023. Doch jetzt ist Zeit für Neues: für den anderen Adolf Christmann!
"Der andere Adolf Christmann" - die Ausstellung ist zu sehen in der Galerie Fox in Eupen. Vernissage ist diesen Freitag um 18 Uhr. Zu sehen sind die abstrakten Werke dann noch bis zum 22. Oktober.
Simonne Doepgen
Genial !!! Danke Simone