"Wir zeigen etwas, was bisher noch niemals zu sehen gewesen ist: nämlich alle unsere Schatzstücke aus dem 19. Jahrhundert, aus der Zeit des Historismus. Etwa 130 Stücke, die in dieser Zeit für die Aachener Marienkirche entstanden sind", erklärt die Leiterin der Domschatzkammer, Dr. Brigitte Falk.
Knapp 90 Prozent der Ausstellungsstücke sind Schenkungen der Bürger, die schon seit einiger Zeit am Dom konserviert und gelagert werden. Dabei sind bei weitem nicht alle Ausstellungsstücke von hohem materiellen Wert, einige sind nur vergoldet und hauptsächlich aus Kupfer oder Messing gefertigt.
Was sie wertvoll macht: Sie sind eine neuzeitliche Version vergangener Kunst, ein romantischer Blick auf die alten Zeiten, ein Mittelalter 2.0. "Der Historismus ist eine Stilströmung, in der versucht wird, sich mit älterer Kunst auseinander zu setzen. Man hat darüber versucht, das Lebensgefühl des 13., 14. Jahrhunderts und im Grunde diese Zeit, in der die Welt noch in Ordnung gewesen ist, in die Moderne zu transportieren."
Da passt es doch in gewisser Weise, dass ganz oben im Mittelpunkt der Ausstellung von allen Seiten sichtbar der so genannte Corona- und Leopardus-Schrein thront. In Gedenken an die Zeit, als der Begriff "Corona" noch nicht den Alltag beherrschte - als die Welt noch in Ordnung war, um bei den Worten von Dr. Brigitta Falk zu bleiben.
Aber natürlich hat der Corona- und Leopardus-Schrein, der die Umrisse einer byzantinischen Kreuzkuppelkirche trägt, seine ganz eigene Geschichte.
"Das ist ein Schrein, der 1912 gefertigt worden ist um den Gebeinen der beiden Heiligen, die sich seit ottonischer Zeit im Dom befunden haben, zu fassen und ihnen einen würdigen Rahmen zu geben", sagt Ausstellungskurator Luke Jonathan Koeppe.
In einem würdigen Rahmen stehen auch die 214 Einzelkunstwerke bei der Ausstellung zur Schau. Selbst zum Teil durch den zweiten Weltkrieg zerstörte Werke wie das sogenannte Pacifikalkreuz, von dem nur noch Einzelteile existieren, werden in der Ausstellung präsentiert.
Gerade dieses Kreuz hat eine besondere Geschichte: Im 19. Jahrhundert wurde es zum Rahmen des Brustkreuzes, das von Karl dem Großen stammen soll. Das goldene Brustkreuz ist durchgehend in der Dauerausstellung zu bestaunen. Für die Goldschmiedekunst des Historismus geht es hingegen in einem Jahr wieder in die Konservierung abseits der Öffentlichkeit.
Robin Emonts