Ein kleiner König reitet auf einem Vogel, eine Figur spielt verträumt Cello, ein Trommler holt vergnügt zum Schlag aus - sie sind so etwas wie Archetypen, mit reduzierter Mimik, keinem Geschlecht oder keiner Herkunft zuzuordnen.
"Es geht um die Frage, was uns Menschen verbindet - egal wo auf diesem Globus wir leben", erklärt Andrea Meishammer das holistische Konzept, das ihrer Installation zugrunde liegt. "Das sind eben Dinge wie, dass wir unsere Kinder in Frieden groß ziehen wollen, was mit dem Darreichen des Apfels dargestellt ist, wir wollen Kultur, ein bisschen Musik machen können, wir wollen Bildung haben: Das ist mit diesem lesenden kleinen Wesen sichtbar gemacht."
Kommunikationsmodell
"Kein Mensch will im Krieg leben und kein Mensch will flüchten", sagt Andrea Meishammer. Ihre Figuren (ausgesägte MDF-Platten) sind durch eine Drahtkonstruktion, eine Kugelbahn miteinander verbunden. Im Minutentakt machen sich weiße Tischtennisbälle auf den Weg durch die Figurenwelt und geben dem Betrachter Anlass, ihrer Bewegung zu folgen und sich so länger mit den Figuren zu beschäftigen - die für jedes Alter verständlich sind.
Ein Kommunikationsmodell, wie Andrea Meishammer erklärt: "Das stellt die Verbindung dar, aber auch die Idee, den Gedanken, der uns Menschen durchläuft, den wir weitergeben, der sich unterwegs verändert, der dann wieder bei uns ankommt, in modifizierter Form, und wie wir dann weitere Gedanken daraus spinnen. Alles ist im Wandel, was ja auch gut ist."
Sysyphos-Aufgabe
Am Start- und Endpunkt der Kugelbahn steht eine sagenhafte Figur mit schlangenbewehrtem Gorgonenhaupt, ein Zauber, der die dargestellte Abwehrhaltung verstärkt. "Es hat auch Anklänge an die Sage von Sysyphos", sagt Andrea Meishammer, "auch diese positiven Gedanken immer wieder in die Welt zu setzen ist eine Sysyphos-Aufgabe."
Bei ihren Recherchen ist sie auf ein Pendant aus der indischen Sagenwelt gestoßen: "Naranath Branthan ist ein Gott oder Halbgott, der auch jeden Morgen einen Stein den Berg hinaufrollt, aber nicht als Strafe, sondern er weil er wahnsinnigen Spaß daran hat, zuzuschauen, wie die Kugel wieder runterläuft." Es sei schön zu sehen, wie in unterschiedlichen Kulturen dasselbe Bild anders interpretiert werde.
Anlockende Kunst mit Aussage
Normalerweise widmet sich Andrea Meishammer der Malerei. Der angebotene Raum im früheren Zollhäuschen, mit Fensterfronten nach allen Seiten, eignet sich aber nicht dazu, Bilder aufzuhängen. "Ich wollte diese Figuren mit hineinbringen, etwas Positives machen und es ist natürlich auch immer schön, wenn sich etwas bewegt."
Das hat auch schon den ein oder anderen neugierigen Besucher angelockt, während Andrea Meishammer an ihrer Installation arbeitete, wie es das Konzept der "Künstlerwerkstatt" vorsieht: "Ich arbeite natürlich schon gerne bei mir zu Hause, aber es war spannend, hier zu arbeiten. Ich habe viel Besuch bekommen, Kontakt mit den Menschen - und diesen ganzen Aufbau mit der Murmelbahn musste ich eh vor Ort machen." Nun hofft die Künstlerin, dass auch der ein oder andere Lust bekommt, sich näher mit der Aussage ihrer Installation zu beschäftigen.
Die Installation von Andrea Meishammer ist bis zum 30. September im früheren belgischen Zollhaus am Grenzübergang Köpfchen zu sehen.
Stephan Pesch