Nackte Haut und glänzendes Metall, Frauenbrüste und weibliche Körper in oft unnatürlichen Positionen: Nein, es geht nicht um Autos und Motorräder, nicht um Sex-Appeal und verführerische Erotik, sondern um das Universum des Malers Paul Delvaux. Reißerische Stimuli sind in diesem Universum nicht zu Hause. Vielmehr besticht es durch eine ruhige Harmonie der Elemente, mit denen Delvaux seine Bilder füllte.
Metall und nackte Frauenkörper sind auf ihnen tatsächlich häufig zu sehen. Aber die Erotik, die von diesen nackten Körpern ausgeht, ist eher still und unaufgeregt. Und das Metall der Eisenbahnen ist einfach da, weil Eisenbahnen Delvaux sein Leben lang fasziniert haben.
"Er selbst hat nie erklären wollen, warum er Züge so sehr geliebt hat", sagt dazu Camille Brasseur von der Stiftung Paul Delvaux. "Er hat immer nur gesagt: Ich habe immer schon Züge geliebt. Züge haben mich seit meiner Kindheit fasziniert. Und wir wissen heute, wie sehr die Faszinationen aus seiner Kindheit später Anlass für Delvaux wurden, seine Bilder zu malen."
Zu Beginn der 1920er Jahre fing Delvaux an, Züge zu malen, als er für sein Studium an der Königlichen Akademie für Schöne Künste nach Brüssel zog. Der Bahnhof Bruxelles-Luxembourg vor dem heutigen Europaparlament zog den jungen Mann damals als erstes an. Stundenlang konnte er dort stehen, Züge beobachten und das Treiben auf dem Bahnhof in sich aufsaugen.
Schnell schon entstanden seine ersten Bilder mit Eisbahnmotiven. Und das Motiv der Eisenbahn ließ Delvaux dann nicht mehr los. "Er hatte auch viele Informationen über Eisenbahnen bei sich zu Hause", berichtet Brasseur.
"Er besaß eine eigene Sammlung von Eisenbahnmodellen. Ohne dass man genau weiß, woher diese Modelle alle kommen. Er hat immer gesagt, er habe diese Modelle einfach so immer mal wieder gesammelt. Und er hat diese Modelle von Loks und Wagen dazu genutzt, sehr realistische Zeichnungen anzufertigen."
Rund 20 Gemälde von Delvaux sind in dem Brüsseler Eisenbahnmuseum als Leihgabe ausgestellt. Über 50 Gegenstände zählt die Sonderausstellung insgesamt. Vieles zu den Gemälden, aber auch dem Leben von Delvaux ist in vier Sprachen, darunter auch deutsch, erklärt.
Auch der nicht Kunstinteressierte kann sich dabei ertappen, plötzlich einen Text zu lesen oder staunend vor einer Projektion eines Delvaux-Bildes stehen zu bleiben, bei der eine gemalte Dampflok auf den Betrachter wie ein wirklicher Zug zuzufahren scheint.
"Die Ausstellung hier hätte ihm sicherlich gefallen", glaubt Kunstexpertin Brasseur. "Denn er mochte Geräusche, den Lärm, Gerüche, und genau das gibt es hier auch. Dieses ganze rollende Material, das hier im Museum steht, das ist ein spezieller Raum. Man hätte sich keinen besseren Ort für eine Ausstellung der Werke von Delvaux vorstellen können."
Kay Wagner