Ein großer Kreis mit einem Dreieck drin und darin nochmal ein Kreis. Ein oranges Bett mit einer blass-bunten Bettdecke, auf der die Umrisse eines Körpers zu sehen sind. Eine Schweinemaske, die aus der Wand heraus schaut: Willkommen auf der Art Brussels 2019.
Die Messe für zeitgenössische Kunst hält auf den ersten Blick das, was sie für den Laien verspricht: Sie zeigt Kunst, die das Verständnis von Kunst immer wieder zu hinterfragen scheint.
Dabei sieht sich die Messe als Speerspitze ihrer Zunft. Als eine der ältesten Messen für zeitgenössisch Kunst überhaupt, wie Generaldirektorin Anne Vierstraete erzählt, hat die Messe schon immer eine starke eigene Identität gehabt, die sich am Geschmack des belgischen Kunstsammlers orientiert. Und der sei von Natur aus wagemutig und wolle schon seit jeher bereits sehr früh die Talente von morgen entdecken, sagt Vierstraete.
Aus diesem Grund sei die Messe auch in diesem Jahr wieder bewusst eine „Entdecker-Messe“. Aber nicht nur. Durchaus könne man auch Altes entdecken. Und Altes, das bedeutet in der der zeitgenössischen Kunst vor allem Kunst aus der Zeit vor der Jahrtausendwende.
Große Namen fehlen
Außerdem ist die Messe wieder eine durchaus gewollte Mischung aus belgischen und internationalen Künstlern. Von den 157 Galerien, die auf der Messe ausstellen, kommen 44 aus Belgien. 32 Länder sind vertreten. Doch die ganz großen Namen der zeitgenössischen Kunstszene fehlen dieses Jahr. Das moniert zumindest die Zeitung „Le Soir“ in ihrer Kunstbeilage.
Aufgrund der Ausrichtung der Messe als Entdecker-Messe kein Problem für die Generaldirektorin. Das mache halt auch den Reiz der Art Brussels aus. Auffällig trotzdem, dass bei diesem ganzen Wagemut Gemälde weiter den Großteil der Ausstellungsstücke ausmachen. Eine Beobachtung, die Verstraete durchaus bestätigt: "Die Malerei ist weiterhin die dominierende Ausdrucksform, wenn man einen Blick auf die Zahl der ausgestellten Werke wirf", gibt sie zu. "Auch die Skulptur. Aber man sieht trotzdem auch viele andere Genres."
Zu diesen anderen Genres zählen die bekannten der zeitgenössischen Kunst wie Installationen und Performances, das Arbeiten mit Textilien, die Fotografie, die mit neuen Blickwinkeln eine kleine Renaissance erlebt. Und auch die Video- und digitale Kunst. Hier hat die Brussels Art ein durchaus interessantes Projekt an Land gezogen, das sich zunächst durch einen großen Bildschirm manifestiert. Die Messe-Leiterin erklärt: "16 Künstler übersetzen hier durch ihre verschiedenen Arbeiten die Art und Weise, wie Bildschirme bzw. unsere heutige Bildschirm-Kultur die künstlerische Arbeit beeinflusst."
Diese Arbeit, so Vierstraete, könne man durchaus als gewisse Kritik an unserer zeitgenössischen Gesellschaft ansehen, an dieser allgegenwärtigen Kultur der Bildschirme heutzutage.
Poppositions Art Fair
Noch mehr kritische Auseinandersetzung zeitgenössischer Kunst mit gesellschaftspolitischen Themen bietet derweil zeitgleich die mittlerweile achte Ausgabe der Poppositions Art Fair – Messe für aktuelle Kunst. Als Nebenprodukt der Art Brussels gehört sie zu deren Off-Programm.
Dieses Jahr hat sich die Popposition im Centre Tour in der Rue de l’Abattoir im Brüsseler Stadtzentrum eingenistet. 26 internationale Galerien zeigen dort Werke zu Themen wie zum Beispiel Feminismus und Rassismus, Einwanderung und Postkolonialisierung. Ziel: Künstlerische Gegenpole zu bieten zu den dominierenden Paradigmen unserer Zeit und vorherrschenden Meinungen.
Popposition und Art Brussels sind beide noch bis Sonntagabend geöffnet.
Kay Wagner