Für sein Buch hat der Autor unter anderem im Generalstaatsarchiv in Brüssel recherchiert, wo er ein historisches Dokument entdeckte: die Bewerbung Janetzkys als Radiosprecherin…
"Das ist etwas ganz Besonderes und einer der Momente, als ich im Generalstaatsarchiv in Brüssel war, wo ich entschieden habe: 'Jetzt musst du das Buch schreiben'. Das war ein Glücksgriff - ein Fund in einer Kiste, die nicht richtig beschriftet war, und das ist tatsächlich die handgeschriebene Bewerbung von Irene Janetzky vom 6. August 1945."
Zwei Monate später ging sie bereits in Brüssel auf Sendung. Im Funkhaus am Flagey-Platz saß die 31-Jährige aus Malmedy zum ersten Mal vor dem Mikrofon. Die gebürtige Duisburgerin war durch ihren Stiefvater, den aus Elsenborn stammenden Lehrer Bernhard Willems, auf die Stelle aufmerksam geworden.
Ihre spannende Lebensgeschichte hat BRF-Direktor Alain Kniebs in seinem ersten privaten Buchprojekt aufwendig recherchiert. Neben dem Generalstaatsarchiv in Brüssel waren auch Zeitzeugen eine wichtige Quelle für ihn.
"Das heißt Irene Janetzkys Sohn, mittlerweile 91 Jahre alt, der mir viel über ihr Privatleben erzählen konnte. Auch ehemalige BRF-Kollegen, die sie noch persönlich gekannt haben. Eine Hilfe war noch die ein oder andere schriftliche Quelle, die mir das große Ganze besser erklären konnte, den Kontext, die Rundfunkgeschichte allgemein."
Alte Fotos aus dem BRF-Fundus, die Irene Janetzky im Kreis der Redaktion oder bei repräsentativen Anlässen zeigen, haben die Recherchen für das Buch ergänzt. Daraus entstanden ist das Porträt einer besonderen Frau, die ihrer Zeit voraus war. Als geschiedene Frau und Mutter musste sie vieles alleine in die Hand nehmen. Alain Kniebs beschreibt sie als eine Frau mit Durchsetzungsvermögen und Willenskraft.
"Man erfährt vor allem viel über sie, dass sie eine Brückenbauerin war, eine Frau mit sehr viel Mut, die gekämpft hat wie ein Löwe, um die kleine 30-minütige Sendung pro Tag auszubauen, am Ende zu einer vollwertigen Rundfunkanstalt. Das war nicht allein ihr Verdienst, aber sie trägt großen Anteil daran. Es gab auch viele Rückschläge, aber sie hat nie aufgegeben."
Irene Janetzky war nicht nur eine beliebte Sprecherin, die jeden Abend mit ihrer schönen Stimme für 30 Minuten in die ostbelgischen Wohnzimmer drang. In der Nachkriegszeit war sie auch ein verbindendes Element zwischen Brüssel und den Ostkantonen.
"Man hat nicht gesehen, dass sie gekämpft hat hinter den Kulissen im politischen Brüssel, dass die deutsche Sprache ihren Stellenwert behalten hat. Dass wir nicht dasselbe Schicksal erfahren haben wie der Elsass in Frankreich, wo die deutsche Sprache nach dem Zweiten Weltkrieg keine Rolle mehr gespielt hat."

Ihre wichtige Rolle im öffentlichen Leben machen Fotos wie das mit dem deutschen Bundeskanzler Konrad Adenauer bei einem Staatsempfang 1956 in Brüssel deutlich. Für ihr Engagement wurde Irene Janetzky später offiziell ausgezeichnet - unter anderem durch den österreichischen Botschafter in Brüssel. Dass sie sich in den Nachkriegsjahren als Frau behaupten konnte, beeindruckt Alain Kniebs besonders.
"Sie musste nicht nur auf Deutsch senden, was schon außergewöhnlich war nach dem Zweiten Weltkrieg. Frauen hatten kein Wahlrecht in Belgien zu dieser Zeit. Frauen durften nicht eigenmächtig einen Arbeitsvertrag unterschreiben. Deswegen hat der Stiefvater den Arbeitsvertrag unterschrieben. Sie hat 1946 über Parlamentswahlen berichtet, an denen sie nicht teilnehmen durfte, weil sie eine Frau war. Das ist schon außergewöhnlich."
Irene Janetzky war eine Pionierin - so das Fazit von Alain Kniebs. Seine Biographie lässt nicht nur eine faszinierende Persönlichkeit lebendig werden, sondern auch ein Stück ostbelgischer Geschichte.
Die Biographie "Irene Janetzky – ein Leben im Zeichen des Belgischen Rundfunks" ist ab sofort im Fachhandel und in den GE-Media-Geschäftsstellen erhältlich. Am 20. November wird es im Rahmen einer Lesung mit dem Autor im BRF-Funkhaus in Eupen vorgestellt.
Michaela Brück