An Stoff fehlt es nun wirklich nicht im neuen Roman von Marcel Bauer: Nationalsozialismus, Befreiung, Kaffeeschmuggel und viel Kirchliches, schließlich schlägt der Protagonist, dessen Lebensgeschichte hier nacherzählt wird, eine klerikale Laufbahn ein.
Nachdem Heribert Lohses Entschluss feststand, schaute er sich nach einem Priesterseminar um, das seinen Vorstellungen - wenn es ihm auch nicht in allem entsprach - zumindest nahe kam. Von allen deutschen Bischöfen sagte ihm am meisten der Limburger Bischof Ernst Hauser zu. Dieser hatte sein Bischofsamt unter den Wahlspruch gestellt: 'Evangelicare pauperibus - Den Armen das Evangelium verkünden'.
Im richtigen Leben war das der Wahlspruch des erst vor kurzem verstorbenen Franz Kamphaus, wie sich auch andere Persönlichkeiten recht schnell abgleichen lassen, wenn Marcel Bauer etwa den folgenden Limburger Bischof, dem der Sinn nach Luxus steht, mit "Monsignore Albert von und zu Hohenfels" betitelt.
Zwar schickt er dem Buch die Standardformulierung voraus, dass Übereinstimmungen mit lebenden und verstorbenen Personen "rein zufällig" seien - doch quillt der Roman über von Begegnungen und Erfahrungen des Journalisten Marcel Bauer, der die fünf Kontinente bereist hat, als Dokumentarfilmer und als Pressesprecher des katholischen Hilfswerks "missio" - im Roman ist es "Mundo", bei dem sich der Protagonist hochboxt. "Das ist ja das Interessante an unserem Beruf, dass wir Begegnungen haben. Und ich wollte einige dieser Begegnungen auch literarisch verarbeiten", so Bauer.
Die Mutter der Müllmenschen empfing die Besucher mit offenen Armen. Da sie kein Englisch sprach und der Prälat kein Französisch, spielte de Jong den Dolmetscher. // Immerhin hatte die knappe Stunde auf der Müllkippe gereicht, um ein paar dramatische Fotos des Prälaten mit der charismatischen Ordensfrau zu schießen ...
"Also ich rechne mir an, dass ich praktisch diese Schwester Emmanuelle entdeckt habe. Sie ist ja später zur populärsten Persönlichkeit Frankreichs aufgestiegen. Und der Film, den ich damals für das ZDF gemacht habe, hat wiederum andere Filmemacher in den USA und sonst wo inspiriert zu ähnlichen Werken."
Vor diesem Hintergrund zeigt Bauer eine Reihe von Spannungsfeldern auf: zwischen Mission und Entwicklungszusammenarbeit, zwischen Repräsentation und Seelsorge, zwischen vorgegebener Keuschheit und Sexualität. "Das Wort Sexualität ist natürlich ganz bedeutsam, weil das Thema Sexualität eigentlich seit der Urkirche nie richtig angegangen worden ist, immer wieder ausgeklammert wurde."
Homosexualität war eine der sieben Todsünden, weil sie wider die Natur, also gegen den Willen des Schöpfers, war. Wer solchen Frevel beging, war - wenn er dem Laster nicht abschwor - im Jenseits zur Hölle verdammt. Da Heribert tief in seinem Innern auch ein Verlangen nach menschlicher Zuneigung empfand, die nicht den kirchlichen Vorschriften entsprach, wurde er früh von Gewissensbissen und Schuldgefühlen geplagt. Diese sollten sein ganzes Leben andauern und ihn seelisch schwer belasten.
Der Missbrauch von Schutzbefohlenen, dessen Aufdeckung und der Umgang damit werden in dem Buch nur gestreift - auch wenn es am Ende auf diese letzte Gewissensfrage hinausläuft. Hier verlässt Marcel Bauer den Boden erlebter Realität und findet eher zur Kontemplation. "Was mir wichtig erschien, war nicht das Urteil über den Prälaten zu sprechen, sondern seinen Werdegang aufzuzeichnen. Und der Roman bekommt ja gegen Schluss eine neue Wende, weil dieser Mensch geht plötzlich in sich und erkennt seine Fehler und versucht, sein Leben neu zu ordnen. Und das schien mir wichtig."
Der neue Roman von Marcel Bauer mit dem Titel "Der Prälat" ist im Rhein-Mosel-Verlag erschienen.
Stephan Pesch
"sich schuldig fühlen" ist fester Bestandteil der abendländischen christlichen Kultur. Eigentlich ist das Quatsch. Wenn man irgendeinen Irrtum begangen hat, sollte man den Irrtum korrigieren. Das ist besser als schlechte Gefühle haben.
Das Buch ist anscheinend sehr spannend und unterhaltsam.
Ein sehr guter Einblick in die Thematik des Romans.
Danke.
Johannes Weber