Vom Weglaufen:
Sich auf Französisch empfehlen (weggehen ohne sich zu verabschieden): Die Franzosen standen im 18. Jahrhundert in dem Ruf, sich auf diese unhöfliche Art zu verabschieden. Aber auch die Engländer und die Spanier sagen to take French leave/despedirce a la francese. Die Franzosen zahlen es den Engländern jedoch heim, denn sie sagen filer à l'anglaise. Man ist eben immer der Rüpel seines Nachbarn.
Die Kurve kratzen (schnell weggehen): Früher waren die Gassen so eng, dass die Kutschen manchmal die Hauswände ankratzten.
Über Stock und Stein (querfeldein): Stock bedeutet hier ein holpriger Weg.
Ab geht die Post! (es geht los!): Diese Redewendung stammt aus dem 17.Jahrhundert, als der Postdienst der Fürsten von Thurn und Taxis, der bekannt war wegen seiner Schnelligkeit, ein Postpaket in fünf Tagen von Brüssel nach Rom besorgen konnte. Heutzutage kann es manchmal länger dauern!
Seine Siebensachen packen (all sein Hab und Gut packen): Es können auch mehr oder weniger als sieben sein, aber sieben ist nun mal eine magische Zahl: Die sieben Weltwunder, die sieben freien Künste, die sieben Zwerge, ein Buch mit sieben Siegeln usw.
Sich auf die Socken machen (weggehen, aufbrechen): Normalerweise wird niemand sich auf Strümpfen auf den Weg machen, wohl eventuell auf leichten Schuhen und das war zuerst die Bedeutung von Socken, aus griechisch sykchos.
Auf die Tube drücken (Gas geben; eine Sache in Schwung bringen): Vielleicht ist hier die Tuba (ein großes Blasinstrument) gemeint. Man kann jedoch auch an die Düse des Vergasers denken, da die erste Bedeutung ja "Gas geben" ist.
Die Platte putzen (weggehen, weglaufen): Es handelt sich um die beiden hebräischen Wörter pelata (Flucht) und puz (zerstreuen).
Um Musik geht es bei den drei folgenden Redewendungen:
Nach jemandes Pfeife tanzen (alles tun, was der andere will): Hier ist nicht die Pfeife des Rauchers gemeint, sondern das Blasinstrument.
Alle Register ziehen (alle Mittel gebrauchen, um etwas zu erreichen): Man denkt an alle Register einer Orgel.
Sang-und klanglos (unbemerkt, ohne viel Umstände): Früher bezog sich diese Redewendung auf einer Beerdigung ohne Glockengeschall und ohne Klaggesang.
Um Verrücktes geht es in den sieben folgenden Redewendungen:
Eine Marotte haben (eine wunderliche Neigung haben): Aus dem französischen marotte. Dies war zuerst ein von Maria abgeleitetes Heiligenbild, dann eine Handpuppe und später ein Narrenzepter mit einem Puppenkopf, das der Hofnarr trug.
Einen Narren an jemandem gefressen haben (eine große, etwas lächerliche Vorliebe für jemanden haben): Anfangs sagte man einen Narren gefressen haben oder einen Narren im Leib haben, d.h. ein bisschen verrückt sein. Andererseits gab es die Redewendung ich könnte dich fressen. Beide Redewendungen haben sich später überlagert.
Eine Schraube locker haben (verrückt sein): Wenn bei einer Maschine eine Schraube locker ist, kann sie nicht mehr richtig funktionieren.
Einen Stich haben (verrückt sein): Gemeint ist ein Sonnenstich.
Nicht alle Tassen im Schrank haben (verrückt sein): Tasse ist eine Verballhornung von jiddisch toschia, das Verstand bedeutet.
Nicht ganz bei Trost sein (nicht ganz bei Verstand sein): Früher bedeutete Trost auch Zuversicht. Gemeint ist, dass jemand, der keine Hoffnung mehr hat, sich eigenartig benimmt.
Beim Wort genommen: Paradoxa und andere Ungereimtheiten
Zu einem Geistlichen dürfen Sie ruhig Mann Gottes! sagen.
Auch ein Geiger darf mal auf die Pauke hauen.
Mit jemandem kurzen Prozess machen. Kurzen Prozess? In Belgien?
Alles in einen Topf werfen tut man doch jedes Mal, wenn man Eintopf macht!
Wenn Ihnen jemand den Schnabel stopft, ist es normal, dass Sie irgendwann die Schnauze voll haben.
Sie werden es noch erleben: Bald wird auch das schwarze Schaf nicht mehr politisch korrekt sein!
Schmunzelnde Streifzüge durch die Muttersprache - Sich nicht alles gefallen lassen
Prof. Siegfried Theissen