Das neue Stück des ostbelgischen Figurentheaters spielt nachts. Und es ist die Nacht selbst, die im Mittelpunkt des Stückes steht. Schauspielerin Anne Bontemps verkörpert die Tageszeit und lässt sich von verschiedenen nachtaktiven Figuren umgeben und begleiten. Ob es nun ein Igel ist, der aufräumt, eine Katze, die beobachtet, oder eine Mutter, die ihr Kind zu Bett bringt. Die Nacht ist stets präsent.
Noch wenige Tage, beziehungsweise Nächte und das Stück feiert Premiere. "Das Publikum kommt ja meistens erst zur Premiere. Jetzt wissen wir, dass auch zur Premiere kein Publikum kommt", bedauert Anne Bontemps. "Es fühlt sich ein bisschen komisch an und gleichzeitig bin ich total glücklich, dass wir überhaupt arbeiten."
Fehlen wird nicht nur das Publikum zur Premiere, oder Vorpremiere, wie es die Theatergruppe inzwischen nennt. Eigentlich hätten auch die Proben anders verlaufen sollen. Ulrike Günther führt Regie in dem gut 45-minütigen Stück. Eine Arbeit, die zurzeit eingeschränkt ist. "Wir müssen natürlich auf Abstände achten", erklärt sie. "Dann war unsere Premiere eigentlich schon früher geplant und ist jetzt nach hinten verschoben worden. Und eigentlich hatten wir auch geplant, dass wir schon während der Proben mit Kindergartengruppen arbeiten, um bestimmte Sachen direkt mit den Kindern auszuprobieren. Auch das ist im Moment nicht möglich."
"Was macht die Nacht?" richtet sich primär an Kinder von drei bis sechs Jahren. Eine feste Vorlage bei der Entwicklung des Stücks hat es nicht gegeben. "Es gibt keine grundlegende Geschichte oder ein bestimmtes Buch, auf das wir uns beziehen", erklärt die Regisseurin. "Wir haben uns für die Thematik der Nacht entschieden und haben dann um diese Thematik herum geforscht, recherchiert, improvisiert und erfunden."
Entstanden ist eine Geschichte, in der eine Vielzahl unterschiedlicher Figuren vorkommt. Die sind im Spiel mal deutlich erkennbar, mal subtiler, aber immer spielerisch. Oft ganz plötzlich gehen die Figuren aus dem Bühnenbild hervor. Darum gekümmert hat sich Annika Lohmann. Hinzu kommen Musik und Gesang. Samuel Reissen spielt, etwas abseits, eine Vielzahl von Instrumenten und untermalt das Geschehen. Heinrich Heimlich ist künstlerischer Leiter des Fithe. Er weiß, dass eine Theaterpremiere, selbst ohne Publikum, aktuell die Ausnahme ist. Trotz allem haben solche Veranstaltungen eine große Wichtigkeit.
Heinrich Heimlich ist künstlerischer Leiter des Fithe. Er weiß, dass eine Theaterpremiere, selbst ohne Publikum, aktuell die Ausnahme ist. Trotz allem haben solche Veranstaltungen eine große Wichtigkeit. "Ist Kultur essentiell?", fragt Heimlich. "Natürlich ist sie essentiell. Man muss das alles organisieren, wie das wieder losgehen kann, wie man das mit diesen Bedingungen langsam wieder anlaufen lassen kann", findet er. "Kultur im weitesten Sinne, alles was dazugehört, das gehört zum Leben dazu. Und wenn das nicht dabei ist, dann fehlt das einfach."
Und weil es fehlt, soll die richtige Premiere, diesmal mit Publikum, am 12. September nachgeholt werden. Bis dahin hoffen die Beteiligten, dass die Unsicherheiten der Kulturbranche - ganz wie die Nacht - vorübergehen werden.
Andreas Lejeune