Jemandem etwas abknöpfen (jemandem Geld oder etwas anderes abbetteln): Früher hatten die Reichen oft Jackenknöpfe aus Gold und Silber. Wenn nun ein Dieb ihnen einen dieser Knöpfe abriss, hatte er ihnen etwas abgeknöpft.
Sich ein Armutszeugnis ausstellen (seine Unfähigkeit zeigen): Im eigentlichen Sinn war ein testimonium paupertatis eine amtliche Armutsbescheinigung, die einem das Recht auf öffentliche Unterstützung gab.
Etwas auf die lange Bank schieben (etwas hinausschieben): Die lange Bank war im 17. Jahrhundert eine Sitztruhe, in der man Akten verstauen konnte. Wenn ein Prozess lange dauerte, konnte es vorkommen, dass Akten, die zuerst auf der Bank gelegen hatten, dann in die Truhe gelegt wurden und später vergessen wurden. Soll auch bei belgischen Gerichten schon vorgekommen sein, obwohl Kafka ja gesagt hat: "Bei Gericht gibt es kein Vergessen!"
Wissen, wo Barthel den Most holt (alle Schliche kennen): Barthel ist kein Name, sondern, in der Gaunersprache, ein Brecheisen. Most ist auch kein Getränk, sondern die Verballhornung des hebräischen Worts ma'oth, das Geld bedeutet. Man meint also: Der Einbrecher weiß, wo er mittels seines Brecheisens Geld finden kann.
Aus dem Blechnapf fressen und hinter schwedische Gardinen sitzen (im Gefängnis sitzen): Die erste der beiden Redewendungen ist vor allem bekannt geworden durch den Roman von Hans Fallada "Wer einmal aus dem Blechnapf frisst". Bei der zweiten denkt man wahrscheinlich an die Eisengitter vor den Gefängnisfenstern und an die Qualität des schwedischen Eisens und des schwedischen Stahls.
Jemandem Brief und Siegel auf etwas geben (jemandem etwas versichern): Vor Gericht taugte ein amtliches Dokument nur, wenn es ein Siegel trug.
Mit jemandem unter einer Decke stecken (im Geheimen mit jemandem zusammenarbeiten): Nach dem germanischen Eherecht galt die Ehe erst als geschlossen, wenn die Eheleute sich vor Zeugen zusammen unter eine Decke legten.
Ein diebisches Vergnügen an etwas haben (ein großes Vergnügen an etwas haben): Man meint, dass man sich so sehr über etwas freut, wie der Dieb, dem ein Diebstahl gelungen ist.
Ein heißes Eisen (ein schwieriges Problem): Man denkt hier an die mittelalterliche Eisenprobe, bei der ein Angeklagter seine Unschuld beweisen musste, indem er ein glühendes Eisen anfasste. Wenn er unschuldig gewesen wäre, hätte Gott ihn vor dem Verbrennen seiner Hand behütet. Wahrscheinlich gab es wenig Unschuldige! Vielleicht der eine oder andere Fakir?
Etwas auf dem Kerbholz haben (etwas Unrechtes getan haben): Jedes Mal, wenn ein Gast etwas auf Pump verzehrt oder getrunken hatte, schnitt der Gastwirt eine Kerbe in sein Holz und in das des Gastes. Wenn der Tag der Abrechnung kam, konnte also keiner den andern übers Ohr hauen.
Jemanden/etwas an den Pranger stellen (jemanden/etwas der allgemeinen Verachtung preisgeben): Der Pranger (abgeleitet von prangen, d.h. drücken, pressen) war ein "Pfahl auf einem öffentlichen Platz, an dem Übeltäter eine Zeitlang angebunden stehen mussten" (Wahrig).
Den Stab über jemanden brechen (jemanden verurteilen): Es müsste eigentlich heißen "über jemandem", denn nach altem germanischen Recht brach der Richter einen Stab über dem Haupt des Verurteilten.
Jemandem den Stuhl vor die Tür setzen (jemanden rauswerfen): Diese Redewendung bezieht sich auf das germanische Gewohnheitsrecht. Wenn man ein Haus erworben hatte, nahm man symbolisch Besitz davon, indem man einen Stuhl vor die Tür setzte und darauf Platz nahm, deshalb Be-sitz. Wollte man nun jemanden aus seinem Haus jagen, etwa wegen unbezahlter Schulden, setzte man ihm einen Stuhl vor die Tür.
Er wollte mich aufziehen, aber ich habe ihm gezeigt, was eine Harke ist
Siegfried Theissen