Heute gibt es auf dem zweieinhalb Quadratkilometer großen Wiener Zentralfriedhof über 300.000 Grabstellen, darunter auch die zahlreicher Prominenter - ihre Gräber sind Wallfahrtsstätten für die Fans.
Kulturhistoriker Gerhard Strassgschwandtner kennt jeden Winkel, jeden Weg, jedes Kreuz, jeden Gedenk-Stein dieser Totenstadt. "Sie dürfen hier hereinfahren wie Sie wollen", erklärt er. "Da werden Sie nicht gefragt draußen. Sie müssen nur bezahlen. Schrittgeschwindigkeit sollte man fahren. Früher waren hier Fünf-Stunden-Kilometer-Schilder. Die haben aber nicht funktioniert. Jetzt steht meistens 20. Aber sehen Sie, das ist kein echter Wiener. Ein echter Wiener fährt hier schneller durch."
Autoverkehr auf einem Friedhof. Und sogar eine Buslinie fährt hier durch. Für die Wiener ist der Zentralfriedhof Naherholungsgebiet, Kultur- und Gedenkstätte, Touristenmagnet, Promenier-Meile. Als die berühmte Totenstadt ihren 100. Geburtstag feierte, schrieb der Wiener Rockmusiker Wolfgang Ambros sogar eine Hymne auf den berühmten Totenacker: "Es lebe der Zentralfriedhof".
Von Strauß bis Falco
Auf die vielen Prominentengräber haben es die Friedhofs-Touristen natürlich besonders abgesehen, darunter etwa das Grab von Jazz-Musiker Fatty George oder Fußballspieler und -trainer Ernst Ocwirk.
Auch die Schauspielerlegenden Paul Hörbiger, Theo Lingen und Hans Moser sind hier beerdigt. Die Walzerkönige Vater und Sohn Strauß, der Operetten-Komponist Robert Stolz oder Ludwig van Beethoven. Aber auch für Pop-Fans hat der Friedhof etwas zu bieten, denn auch Falco fand hier in seiner Geburtsstadt die letzte Ruhe.
Friedhofskirche
Doch nicht nur die Promi-Gräber lohnen einen Besuch. In ihrer weißen Pracht thront über allem die 1910 erbaute wundervolle Friedhofskirche. Geradezu ein Tempel für stilvolle Totenmessen. "Das kostet viel. Wenn Sie hier aufgebahrt werden wollen, müssen Sie ordentlich in die Tasche greifen", weiß Gerhard Strassgschwandtner. "Ist natürlich ein schöner Abschied, aber das hier kostet extra. Es ist doch ein Meisterwerk des Wiener Jugendstils."
Aber ihren Tod lassen sich die Wiener ja gerne etwas kosten. Der Schauspieler und Kabarettist Helmut Qualtinger hat einmal gesagt: "In Wien muss't erst sterben, bevor sie dich hochleben lassen. Aber dann lebst' lang".
Alfried Schmitz