Aller Anfang ist schwer - und im zerbombten St. Vith der Nachkriegszeit war ohnehin erst mal wenig einfach. Kultur war nicht die erste Sorge der Menschen. Dazu stand man "dem Deutschen" nach den Eindrücken des Krieges und des Holocausts nicht unbefangen gegenüber. Als 16 Kulturinteressierte am 1. September 1957 im Keller der Katharinenkirche einen Kulturträger gründeten, wurde ihnen - salopp formuliert - nicht gerade der rote Teppich ausgerollt.
60 Jahre nach Gründung erinnert ArsVitha mit Stolz an die schwierigen Anfangsjahre. "Wenn wir bedenken, woher man kommt und wo wir jetzt stehen, ist das doch eine ganz besondere Entwicklung. Anfangs ging es darum, wieder etwas in deutscher Sprache hier in St. Vith in den 50er Jahren zu organisieren. Es bestand zwar eine französische Vereinigung 'Cercle Littéraire de St. Vith', aber für die deutsche Sprache wurde Ende der 50er Jahre kaum etwas getan und die Gründung des Volksbildungswerks ging auf diese Situation ein", erinnert sich der Germanist Leonhard Schifflers, einer der dienstältesten aktiven Mitglieder von ArsVitha.
"Der Anfang war sehr, sehr schwierig. Das kann man auf der Website von ArsVitha nachlesen. Und die Entwicklung, die das Volksbildungswerk damals genommen hat, ist für mich das Beeindruckende: die Vielfältigkeit der Veranstaltungen, die seit den 80er, 90er Jahren gekommen sind, ist für mich das besondere Merkmal von ArsVitha heute", so Schifflers weiter.
"ArsVitha hat Qualitätskultur in die Eifel gebracht"
Joseph Schroeder war rund 36 Jahre Geschäftsführer von ArsVitha - von 1979 bis 2015, viele Jahre rein ehrenamtlich. Das Volksbildungswerk, das 2009 in "ArsVitha Kulturforum VoG" umbenannt wurde, habe in 60 Jahren große Verdienste erworben. "ArsVitha, das frühere Volksbildungswerk, ist für mich die Organisation die Qualitätskultur in die Eifel gebracht hat. Früher gab es diese Art der Kultur überhaupt nicht. Wir haben uns jahrelang engagiert und sehr viel Initiativen mit angestoßen", sagt Schroeder.
"Anfang der 80er Jahre gründete Marcel Cremer das Agora-Theater und wir haben es direkt unterstützt, haben 20 Jahre sämtliche Premieren organisiert und finanziert. Wir haben das Theaterfestival mit Agora gegründet und viele Jahre lang gemanagt. Wir haben das Ostbelgien-Festival mit angestoßen und haben es ebenfalls viele Jahre lang gemanagt. Und insgesamt kann man sagen, dass sich verschiedene Veranstaltungsformate hier etabliert haben", so Schroeder weiter. Und die Liste der erfolgreichen Veranstaltungen ende damit nicht.
Zudem habe sich arsVitha für eine anständige Infrastruktur stark gemacht - mit sichtbarem Ergebnis. "Was für arsVitha noch wichtig war, das war natürlich die Tatsache, dass wir jahrelang unzureichende infrastrukturelle Voraussetzungen hatten und uns deshalb auch immer engagiert haben, damit St. Vith eine gute Kulturinfrastruktur bekommt. Das erste, was wir gemacht haben, ist das ganze Kino zu renovieren. Wir haben in den 90er Jahren umgerechnet eine Million Euro da rein gesteckt. Dann haben wir ebenfalls ganz wesentlich dazu beigetragen, dass ein Triangel in St. Vith entstanden ist, womit eben auch für die Zukunft hochkarätige kulturelle Veranstaltungen hier möglich sind", sagt Schroeder.
Höhepunkte gab es viele - vor und nach 1991, also dem Jahr als Joseph Schroeder von der Regierung der Deutschsprachigen Gemeinschaft von seinem Lehramt freigestellt wurde, um im Volksbildungswerk professionelle Strukturen aufzubauen. Das habe lange gedauert.
"Kulturförderdekret ist Flickschusterei"
Mit Einführung des Kulturförderdekrets 2014 sei die Situation solider geworden. Kein Vergleich mit den Anfangszeiten, als die Ehrenamtlichen mit dem eigenen Geld bürgen mussten. Aber so richtig glücklich sei er und der Vorstand mit dem Kulturförderdekret nicht. "Das Kulturförderdekret ist nicht so geworden, wie ich mir das hätte vorstellen können. Ich hatte ziemlich konkrete Vorstellungen, wie so ein Dekret aussehen sollte. wir hätten ein maßgeschneidertes Dekret machen können für die Deutschspachige Gemeinschaft, aber was dabei heraus gekommen ist, ist Flickschusterei", meint Schroeder.
Bei der akademischen Sitzung am Freitag gibt es also noch mehr zu besprechen als nur Anekdötchen, denn ArsVitha denkt nicht nur an die Vergangenheit. Die Verjüngung der Vereinigung soll weiter geführt werden. "Dass wir immer Sparten angeboten haben und pro Jahr immer mehr Veranstaltungen anbieten, bringt auch für das Lohnpersonal sehr viel mehr Arbeit mit sich, so dass genügend Schultern anwesend sein müssen, um diese Arbeiten verrichtet zu bekommen", sagt der aktuelle ArsVitha-Vorsitzende Helmut Hilgers.
ArsVitha sei nicht auf Geld gebettet, sagt Hilgers. Theoretisch müsste aber neues Personal eingestellt werden. "Professionalisierung bedeutet ja Steigerung der Qualität auf allen Ebenen - auf Ebene der Inhalte, die wir anbieten, aber auch auf Ebene der Arbeit, die wir zu leisten haben. Da stecken wir jetzt ein bisschen in den Kinderschuhen und wollen aber nicht darin bleiben."
mz/mg/mm - Bilder: Manuel Zimmermann (BRF)/ArsVitha