Nach dem unerwarteten Rücktritt von Österreichs Bundeskanzler und SPÖ-Chef Werner Faymann wollen die Sozialdemokraten bald einen Nachfolger präsentieren. Am 17. Mai werde der Parteivorstand dazu einen Vorschlag machen, sagte Interims-Parteichef-Michael Häupl. Als mögliche Kandidaten werden der Bahn-Manager Christian Kern (50), der Medien-Manager Gerhard Zeiler (60) sowie die ehemalige Siemens-Managerin Brigitte Ederer genannt. Zugleich steht die Möglichkeit von vorgezogenen Neuwahlen im Raum.
Allerdings hat sich außer der rechten FPÖ bisher noch keine Partei dafür ausgesprochen. Interims-Kanzler Reinhold Mitterlehner (ÖVP) lehnte ähnlich wie Häupl eine Debatte über Neuwahlen zunächst ab. Regulärer Termin der nächsten Nationalratswahlen wäre 2018. "Es geht jetzt nicht darum, dass wir Neuwahlen ansetzen", es gehe um Stabilität, meinte Mitterlehner. Die ÖVP werde bei einer Sitzung des Parteivorstands am Dienstag über die Konsequenzen beraten.
Unklar ist auch die Auswirkung des politischen Paukenschlags auf die am 22. Mai anstehende Wahl eines neuen Staatsoberhaupts. In der Stichwahl um das Amt des Bundespräsidenten treten der FPÖ-Kandidat Norbert Hofer (45) sowie der von den Grünen unterstütze Wirtschaftsprofessor Alexander Van der Bellen (72) an. Hofer hatte die erste Runde am 24. April mit 35,1 Prozent haushoch gewonnen und geht als Favorit in die Entscheidungsrunde. Ein wesentliches Motiv für seine Wähler war der Protest gegen die Arbeit der rot-schwarzen Koalition. "Hofer hat bereits gewirkt, ohne dass er Bundespräsident ist", sagte ein FPÖ-Sprecher der Nachrichtenagentur APA.
Nach dem Rücktritt ist innerhalb der SPÖ auch wieder die Diskussion über den Umgang mit der rechten FPÖ entbrannt. Faymann stand für eine strikte Abgrenzung zu den Rechtspopulisten auf Bundesebene. Für diesen Kurs war er zuletzt auch von Gewerkschaftern kritisiert worden.
Faymann war nach heftigem innerparteilichen Gegenwind am Montag von allen Ämtern zurückgetreten. Der Schwenk der SPÖ hin zu einer restriktiveren Flüchtlings- und Asylpolitik war in der Partei höchst umstritten. Faymann verteidigte erneut das Ende der "Willkommens-Kultur" und den Kurswechsel des Landes. "Es wäre verantwortungslos gewesen, nicht auch eigene Maßnahmen zu setzen." Der 56-Jährige zog eine positive Bilanz seiner fast achtjährigen Kanzlerschaft. Österreich habe nach der schwierigen Phase der Finanzkrise im vergangenen Jahr den massiven Flüchtlingsandrang zu bewältigen gehabt und diesen gut gemeistert.
dpa/jp/sr - Bild: Roland Schlager/AFP