"London ist die größte Stadt der Welt", schwärmt der frischgebackene Bürgermeister Sadiq Khan. Mit klarer Mehrheit ist der 45-Jährige zum ersten muslimischen Bürgermeister der Millionen-Metropole gewählt worden.
"Das war keine Wahl ohne Kontroversen", sagt er mit Blick auf böse Anfeindungen im Wahlkampf. Doch es habe "die Hoffnung über die Angst gesiegt". Am Samstag wurde Khan in der Southwark Cathedral feierlich vereidigt - die Reaktionen auf seine Wahl fallen unterschiedlich aus.
"Sadiq Khans Sieg ist ein aufregender Beginn in der britischen Politik", schwärmt der linksliberale "Guardian". Weniger positiv klingen die Worte des Labour-Abgeordneten David Lammy, der sich im Wahlkampf nicht hinter seinen Parteifreund Khan gestellt hatte. "Falls wir jemals einen farbigen Premierminister kriegen, dann für das, was Sadiq Khan erreicht hat." Aber auch er räumte ein, dass Khan "sicherlich eine Vision für die Stadt" habe.
Khan, Sohn pakistanischer Einwanderer, siegte mit 57 gegen 43 Prozent der Stimmen über seinen konservativen Rivalen Zac Goldsmith, den Spross einer schwerreichen Familie. Der britische Sender BBC spricht vom ersten muslimischen Bürgermeister einer westeuropäischen Metropole. Aber Rotterdam etwa hat bereits seit 2008 einen Bürgermeister islamischen Glaubens.
Schon vor dem Urnengang hatte die liberale Presse gejubelt. "Sadiq Khan als Bürgermeister wäre der schlimmste Albtraum der Terroristen", schwärmt der "Guardian". Nichts sei eine bessere Waffe gegen die Radikalisierung britischer Muslime als der soziale und berufliche Aufstieg der Einwanderer aus Nahost, Afrika und Pakistan.
Bilderbuch-Politiker für die Labour-Partei
Khan ist ein Bilderbuch-Politiker, wie es sich die Labour-Partei nicht besser wünschen kann: Die Familie stammt aus Pakistan, der Vater war Busfahrer, die Mutter Näherin - doch der Sohn hat es geschafft. Das sind Erfolgsstories, die das Land braucht.
Der Wahlkampf war überaus hart gewesen. Selbst konservative Politiker kritisierten nach dem Urnengang, dass versucht worden sei, Khan in die Nähe muslimischer Extremisten zu rücken. Dies habe "Brücken gesprengt", meinte der Konservative Andrew Boff. "Ich will nicht, dass wir das noch einmal tun." Auch Shuja Shafi, Chef des Muslimrates Muslim Council of Britain, kritisierte die Wahlkampagne der Konservativen scharf.
Khan verkörpert den Traum Zigtausender Einwanderer, die ihr Glück in der Weltstadt London suchen. Der ehrgeizige Sadiq studierte Jura und wurde Menschenrechtsanwalt. 2005 wählten ihn die Bürger in seinem Heimatviertel per Direktwahl zum Abgeordneten.
Unter Premierminister Gordon Brown diente Khan als Verkehrsminister. Bei der obligatorischen Vereidigung zum Geheimrat im Buckingham Palace legte Khan seinen Eid nicht auf eine Bibel, sondern auf einen Koran ab. Er bezeichnete sich als "britischen Muslim" und versicherte immer wieder, gegen Extremisten zu kämpfen.
Schmerzliche Verluste für Labour in Schottland - Schottische Nationalpartei vorne
Bei den Regional- und Kommunalwahlen in Großbritannien musste Labour ansonsten vor allem in Schottland schmerzliche Verluste verkraften. Ein Debakel konnte die Partei von Jeremy Corbyn aber abwenden: Bei den Kommunalwahlen in England schlug sich Labour besser als erwartet. Die EU-feindliche Ukip-Partei kann in Wales zum ersten Mal ins Parlament einziehen.
Nach seiner Wahl zum Labour-Chef im Spätsommer waren die Regional- und Kommunalwahlen als erster Test für Corbyn gewertet worden. Im Vergleich zu den Wahlen 2011 und 2012 musste seine Partei zwar Verluste hinnehmen. Die große Schmach blieb dem Oppositions-Chef aber erspart. In England verlor die Partei gut zwei Dutzend Mandate - wesentlich weniger als erwartet. "Wir sind drangeblieben und haben vielerorts Unterstützung gewonnen", sagte Corbyn.
Der konservative britische Premier David Cameron erklärte, der von Medien "Super Thursday" getaufte Wahltag habe gezeigt, dass die Arbeiterpartei die Verbindung zu den Wählern "völlig verloren" habe. In Schottland musste Corbyns Partei eine Niederlage einstecken. Hier überholten die Konservativen Labour: Sie wurden zweitstärkste Kraft hinter der linksgerichteten schottischen Nationalpartei (SNP).
Deren Chefin Nicola Sturgeon feierte am Freitag den dritten Wahlsieg ihrer Partei in Folge. "Wir haben Geschichte geschrieben", erklärte die schottische Ministerpräsidentin. Die absolute Mehrheit verloren die Separatisten aber. Im März hatte die SNP angekündigt, nach dem Referendum über die britische EU-Mitgliedschaft am 23. Juni erneut für die Abspaltung Schottlands vom Vereinigten Königreich werben zu wollen. Sturgeon will nun eine Minderheitsregierung bilden.
In Wales wurde Labour wieder mit Abstand stärkste Kraft. Hier ergatterten die Rechtspopulisten mehrere Sitze und sind künftig zum ersten Mal überhaupt im Parlament vertreten. Auch in England gewann die EU-feindliche Partei dazu. Ukip-Chef Nigel Farage sprach von einem "Durchbruch". Millionen Briten hatten am Donnerstag neue Regional- und Kommunalparlamente sowie neue Bürgermeister in London und anderen Städten gewählt.
dpa/rkr/sr - Bild: Yui Mok/AFP