Im Machtkampf zwischen Ministerpräsident Ahmet Davutoglu und Staatschef Recep Tayyip Erdogan steht die Türkei vor einer Regierungskrise. Türkische Medien berichteten unter Berufung auf Kreise in der Regierungspartei AKP, Davutoglu werde einen Sonderparteitag einberufen, bei dem er nicht mehr für den Vorsitz kandidiere. Der Parteitag solle noch vor Beginn des Fastenmonats Ramadan am 6. Juni stattfinden.
Ohne den Parteivorsitz gilt ein Verbleib im Amt des Ministerpräsidenten als undenkbar. Davutoglu will am Donnerstag nach einer Sitzung des Parteivorstands vor die Medien treten. Am Mittwochabend hatte es ein Treffen Davutoglus mit Erdogan im Präsidentenpalast gegeben. Über die Inhalte des mehr als eineinhalbstündigen Treffens war nichts bekannt geworden.
Wegen des Machtkampfs stürzte die Türkische Lira ab. Am Mittwoch fiel sie gegenüber dem Euro auf den niedrigsten Stand seit mehr als zwei Monaten. Erst vergangene Woche hatte die Führung der AKP Davutoglus Befugnisse eingeschränkt, was Kolumnisten und Oppositionspolitiker als Schlag gegen den Regierungschef und Parteivorsitzenden werteten. Davutoglu hatte beide Posten von Erdogan übernommen, nachdem dieser im August 2014 vom Volk zum Staatspräsidenten gewählt worden war.
Erdogan-Anhänger verdächtigen Davutoglu, die Macht des Präsidenten untergraben zu wollen. Die beiden Spitzenpolitiker liegen laut Medienberichten unter anderem wegen einer von Erdogan angestrebten Verfassungsänderung zur Einführung eines Präsidialsystems im Clinch. Die Änderung würde Erdogan als Staatsoberhaupt mehr Macht verleihen. Um ein Verfassungsreferendum über das Präsidialsystem abzuhalten, benötigt die AKP eine 60-Prozent-Mehrheit im Parlament. Dazu fehlen der Partei zurzeit 13 Abgeordnetensitze.
Als mögliche Nachfolger Davutoglus werden nach einem Bericht der Zeitung "Cumhuriyet" Verkehrsminister Binali Yildirim und Erdogans Schwiegersohn - Energieminister Berat Albayrak - gehandelt. Beide gelten als absolut loyal gegenüber Erdogan.
dpa/rkr/km - Bild: Adem Altan/AFP