Im April sind deutlich weniger Schutzsuchende aus der Türkei nach Griechenland angekommen als ein Jahr zuvor. Insgesamt kamen 3.469 Menschen. Im April 2015 waren es noch 13.556. Das teilten das UN-Hilfswerk UNHCR und der griechische Stab für die Flüchtlingskrise am Dienstag mit. Das Problem scheint damit unter Kontrolle zu sein. Vorerst: Noch sind nicht alle zugesagten Asylexperten und Sicherheitskräfte aus anderen EU-Ländern auf den Inseln angekommen.
Im Vergleich zu den ersten drei Monaten des Jahres ist der Rückgang der Flüchtlingszahlen im April noch deutlicher. Im Januar waren 67.415, im Februar 57.066 und im März 26.971 Migranten und Flüchtlinge angekommen. In den ersten Maitagen blieb die Zahl der Migranten niedrig, wie der griechische Krisenstab am Dienstag weiter mitteilte. Am Wochenende hätten nur 112 Menschen aus der Türkei zu den griechischen Inseln übergesetzt. Am Montag und bis Dienstagfrüh kamen nur 61 Schutzsuchende alle auf der Insel Samos an. Auf den anderen Inseln kam kein Flüchtling an.
Der deutliche Rückgang wird auf den EU-Türkei-Flüchtlingspakt zurückgeführt. Seit seinem Inkrafttreten am 20. März können die illegalen Neuankömmlinge in die Türkei zurückgeschickt werden. Zuvor aber dürfen sie einen Asylantrag stellen.
Explosive Lage
Es gibt aber auch Probleme: Bisher ist nach offiziellen Angaben kein einziger Asylexperte aus der EU angekommen. Von den insgesamt 2.300 Sicherheitsleuten, die die EU-Staaten versprochen hatten, sei nur die Hälfte vor Ort. In den Aufnahmelagern der Inseln Lesbos und Chios ist die Lage explosiv. Kaum ein Migrant will in die Türkei zurück.
Wegen der langsamen Bearbeitung ihrer Asylanträge können Migranten auf den griechischen Ägäisinseln die Aufnahmelager tagsüber verlassen. Dies gelte dann, wenn der Bescheid länger als 25 Tage auf sich warten lässt. Das sieht ein im März im Zusammenhang mit dem EU-Türkei-Flüchtlingspakt gebilligtes Gesetz vor. Viele, deren Anträge nicht bearbeitet worden sind, bewegen sich nun frei auf den Inseln. Sie müssen sich nur abends wieder im Aufnahmelager melden. Örtliche Medien berichteten von einigen Diebstählen.
Bislang sind knapp 400 Migranten in die Türkei zurückgeschickt worden. "Mit diesem Rhythmus wird man nie die Migrantenzahl auf den Inseln reduzieren", sagte ein Offizier der Küstenwache der Deutschen Presse-Agentur. Dort befinden sich zurzeit mehr als 8.000 Flüchtlinge und andere Schutzsuchende.
Schwierig bliebt die Lage auch an der mazedonisch-griechischen Grenze im improvisierten Lager von Idomeni. Dort harren weiterhin mehr als 10.000 Migranten in Zelten und alten Eisenbahnwaggons aus. Sie hoffen weiterhin an eine Öffnung des mazedonischen Zauns und ihrer Weiterreise nach Zentraleuropa und weigern sich, in offizielle, weiter von der Grenze entfernte Lager umzuziehen.
LMigranten suchen wegen der Schließung der Balkanroute nun andere Wege nach Europa. Immer mehr Schutzsuchende versuchen, von Nordafrika aus nach Italien zu gelangen. Nach Angaben der Internationalen Organisation für die Migration (IOM) sind dieses Jahr im Mittelmeer bereits 1.343 Menschen ums Leben gekommen oder werden vermisst.
dpa/fs/sh/sr - Bild: Tobias Schwarz/AFP