Nach fünf Jahren Bürgerkrieg steuern die Syrien-Friedensgespräche nach den Worten von UN-Sondervermittler Staffan de Mistura auf einen "Moment der Wahrheit" zu. Er sehe keine Alternative zu einer Verhandlungslösung, sagte De Mistura am Montag in Genf, wo er sich zum Auftakt der neuen Gesprächsrunde mit einer Delegation der Regierung traf. "Der einzige Plan B, der zur Verfügung steht, besteht in der Rückkehr zum Krieg - und zwar schlimmer als bisher", erklärte der Diplomat. Allerdings gebe es zwischen den Konfliktparteien noch immer erhebliche Differenzen.
Die neue Gesprächsrunde fällt mit dem fünften Jahrestag des Konflikts zusammen, der am 15. März 2011 mit Demonstrationen in der Hauptstadt Damaskus und anderenorts begonnen hatte. Das Regime ging damals mit Gewalt gegen Proteste vor. Mittlerweile sind in dem Bürgerkrieg nach UN-Angaben mindestens 250.000 Menschen ums Leben gekommen. Mehr als elf Millionen Syrer wurden vertrieben. Die Friedensgespräche sollen den Weg zu einer politischen Lösung für den blutigen Konflikt ebnen.
De Mistura will mit den Kriegsparteien - zunächst in getrennten Treffen - über eine Übergangsregierung, eine neue Verfassung sowie Wahlen innerhalb von 18 Monaten verhandeln. Die erste Gesprächsrunde war Anfang Februar ausgesetzt worden, nachdem die Gewalt im Land eskaliert war. Mittlerweile gilt seit mehr als zwei Wochen eine Waffenruhe, die trotz Verstößen weitgehend hält.
Umstritten ist zwischen den Konfliktparteien vor allem das Schicksal von Präsident Baschar al-Assad. Die Opposition schließt jeden Kompromiss aus, der Assad an der Macht lässt. Die Regierung wiederum lehnt Gespräche über einen Abtritt des Machthabers ab.
Gespräch positiv und konstruktiv
Der Leiter der Regierungsdelegation, Baschar al-Dschafari, erklärte nach dem Treffen mit De Mistura, das Gespräch sei positiv und konstruktiv gewesen. Die Regierung habe Ideen für eine politische Lösung vorgelegt. Die Gespräche müssten unter Syrern ohne ausländische Einmischung und Vorbedingungen geführt werden. Wer gegen diesen Rahmen sei, arbeite daran, die Gespräche zu sabotieren, wie es einige auch bei der vorherigen Runde getan hätten.
De Mistura erklärte, er hoffe, dass beide Seiten echten Willen zu einer Verhandlungslösung erkennen ließen. Andernfalls werde er den Auftrag zu Bemühungen um Frieden für Syrien "an die Mächte mit Einfluss" zurückgeben müssen, vor allem Russland, die USA und den UN-Sicherheitsrat. Der UN-Vermittler plant zunächst drei weitere Gesprächsrunden. Die erste soll ihm zufolge etwa bis zum 24. März dauern. Anschließend soll es eine rund zehntägige Pause geben. Für diesen Dienstag wird ein Treffen mit der Opposition erwartet.
Trotz der für Syrien vereinbarten Waffenruhe sind nach UN-Angaben immer noch Hunderttausende notleidende Menschen für humanitäre Helfer nicht erreichbar. Besonders besorgniserregend sei die Situation in der ländlichen Region um Homs sowie in der Stadt Aleppo, warnten die Leiter der UN-Hilfsorganisationen. Allein an diesen Orten sitze noch eine halbe Million Menschen hinter Frontlinien in der Falle. Weitere zwei Millionen seien in Gebieten, die von der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) beherrscht werden, für die UN-Helfer nicht erreichbar. Unicef: 8,4 Millionen Kinder in Syrien leiden unter Bürgerkrieg
dpa/mh/rkr - Bild: Philippe Desmazes/AFP