Die türkische Polizei hat nach dem Selbstmordanschlag auf eine deutsche Reisegruppe in Istanbul zwei weitere Verdächtige festgenommen. Damit steige die Gesamtzahl der Festnahmen auf sieben, sagte Innenminister Efkan Ala am Donnerstag in Ankara vor Journalisten.
Bei dem Anschlag am Dienstag waren zehn Deutsche getötet worden. Bereits am Abend des Attentats hatten die Behörden einen Verdächtigen festgesetzt. Am Mittwoch wurden vier weitere Personen festgenommen. Die türkische Regierung macht die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) für die Tat verantwortlich, die sich bislang aber nicht dazu bekannt hat.
"Nach bisherigem Ermittlungsstand liegen keine Hinweise darauf vor, dass der Anschlag gezielt gegen Deutsche gerichtet war", sagte deutsche Innenminister Thomas de Maizière in Istanbul. In der kommenden Woche soll in Berlin bei deutsch-türkischen Regierungskonsultationen über die Lage beraten werden.
Die deutsche Kanzlerin Angela Merkel sprach den Angehörigen der getöteten Deutschen ihr Mitgefühl aus. "Ich trauere um unsere Landsleute", sagte sie bei einer Veranstaltung des Walter Eucken Instituts am Mittwoch in Freiburg. "Wir denken voller Anteilnahme an die Familien, denen mit dem Verlust eines geliebten Menschen unendlich viel Leid zugefügt worden ist." Deutschland dürfe sich dem Terrorismus auch nach tödlichen Angriffen nicht geschlagen geben. "Ziel des internationalen Terrorismus ist es, unser freies Leben in freien Gesellschaften anzugreifen", sagte die Kanzlerin. Dies werde nicht gelingen. "Das freiheitliche Leben ist stärker als der Terror", betonte sie. "Unsere Entschlossenheit, gemeinsam gegen den Terror vorzugehen, und unsere Freiheit werden sich gegen den Terror durchsetzen. Davon bin ich überzeugt."
Das Auswärtige Amt teilte mit, in Krankenhäusern in Istanbul seien noch sieben weitere Deutsche, fünf von ihnen auf der Intensivstation. Der türkische Innenminister Efkan Ala sagte, insgesamt würden elf Verletzte noch in Krankenhäusern behandelt, darunter auch ein Norweger und ein Peruaner.
Davutoglu sagte am Mittwoch zu den Todesopfern des Anschlags: "Gestern haben wir zehn unserer ausländischen Gäste verloren." Zwei getötete Touristen kamen aus Mainz, einer aus Bad Kreuznach in Rheinland-Pfalz, zwei aus Falkensee/Brandenburg, jeweils einer aus Berlin und Leipzig, zwei aus Dresden und einer aus Hessen.
Attentäter durch Personaldokumente identifiziert
Die Nachrichtenagentur DHA meldete unter Berufung auf die Polizei, bei seiner Registrierung als Flüchtling seien dem Attentäter namens Nabil Fadli am 5. Januar in Istanbul Fingerabdrücke abgenommen worden. Diese hätten nun dabei geholfen, den 27-Jährigen als Attentäter zu identifizieren. Fadli sei bei der Registrierung von vier Menschen begleitet worden. Unklar blieb, ob es sich bei diesen vier Gesuchten um die Festgenommenen vom Mittwoch handelte, von denen Davutoglu sprach.
Nach Angaben de Maizières wurde der Attentäter hingegen durch Personaldokumente von den türkischen Sicherheitsbehörden identifiziert. "Man hat diesen Mann insoweit identifiziert, dass es ein Personaldokument gibt, aber ob dieses Personaldokument zu diesem Mann gehört, ist alles noch Gegenstand der Aufklärung", sagte er den ARD-"Tagesthemen".
De Maizière betonte trotz des Anschlags: "Ich sehe keinen Grund, von Reisen in die Türkei abzusehen." Man dürfe dem Terror nicht nachgeben. "Wir wollen unser Verhalten, unser Leben nicht verändern. Wir werden vor dem Terrorismus nicht zurückweichen." Er sagte weiter, Deutschland und die Türkei wollten ihre Zusammenarbeit im Kampf gegen Terrorismus verstärken: "In der nächsten Woche wird nicht nur mein türkischer Kollege nach Berlin kommen, sondern die Spitze der Regierung zu deutsch-türkischen Regierungskonsultationen."
Die arabische Tageszeitung "Al-Hayat" zitierte am Mittwoch einen Sprecher des saudischen Innenministeriums, wonach der Attentäter in Saudi-Arabien geboren wurde. Er habe aber die syrische Staatsbürgerschaft gehabt und Saudi-Arabien bereits 1996 im Alter von acht Jahren mit seiner Familie verlassen.
Fünf Tote und Dutzende Verletzte bei Anschlag in der Südosttürkei
Bei einem Autobombenanschlag auf eine Polizeistation in der südosttürkischen Provinz Diyarbakir sind mindestens fünf Menschen getötet und 39 weitere verletzt worden. Die staatliche Nachrichtenagentur Anadolu meldete unter Berufung auf den Gouverneur der Provinz, die verbotene kurdische Arbeiterpartei PKK habe den Anschlag im Distrikt Cinar in der Nacht zu Donnerstag verübt.
Unter den Opfern seien auch Familienangehörige von Polizisten aus einer nahegelegenen Unterkunft. Zeitgleich mit der Bombenexplosion hätten die Angreifer das Feuer mit Schusswaffen eröffnet.
Die PKK-nahe Agentur Firat berichtete, zunächst sei es zu einer Autobombenexplosion gekommen, dann sei die Polizeistation mit Raketen angegriffen worden. Das fünfstöckige Gebäude sei komplett zerstört worden. Firat machte keine Angaben zu den Angreifern.
Seit dem Zusammenbruch einer Waffenruhe im Sommer eskaliert der Konflikt zwischen der Regierung und der PKK. Mitte Dezember begann die Armee eine Offensive gegen Anhänger der militanten Organisation. In mehreren Städten geht sie unter anderem mit Kampfpanzern gegen PKK-Kämpfer vor, die sich in Wohngebieten verschanzt haben. Dabei sind Hunderte Menschen getötet worden.
dpa/sh/sr - Bild: Ozan Kose/AFP