Ein Selbstmordattentäter der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) hat im historischen Zentrum Istanbuls mindestens acht Deutsche mit sich in den Tod gerissen. Der Angreifer sprengte sich nach türkischen Angaben am Dienstag mitten einer deutschen Reisegruppe in der Umgebung der Hagia Sophia und der Blauen Moschee in die Luft. Der 28 Jahre alte Attentäter habe der Terrormiliz angehört, sagte der türkische Ministerpräsident Ahmet Davutoglu in Ankara. Nach Angaben aus Regierungskreisen in Ankara waren acht der zehn Todesopfer Deutsche. Der deutsche Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) bestätigte die Angaben am Dienstagabend in Berlin.
In einem Telefonat sprach Davutoglu der deutschen Kanzlerin Angela Merkel sein Beileid und Bedauern aus, wie die staatliche Nachrichtenagentur Anadolu meldete. Nach türkischen Angaben wurden insgesamt mindestens zehn Menschen getötet und 15 weitere verletzt, darunter ebenfalls neun Deutsche. Der türkische Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan machte in Ankara einen "Selbstmordattentäter syrischer Herkunft" für die Tat verantwortlich. Offizielle Zahlen zu den deutschen Opfern gibt es von der Bundesregierung bislang allerdings nicht.
Merkel hatte zuvor gesagt, dass es bei dem Anschlag wahrscheinlich auch deutsche Opfer gegeben habe. "Wir sind in großer Sorge, dass auch deutsche Staatsbürger unter den Opfern und Verletzten sein könnten und wahrscheinlich sein werden", sagte Merkel nach einem Gespräch mit Algeriens Premierminister Abdelmalek Sellal in Berlin. Die Betroffenen seien Mitglieder einer deutschen Reisegruppe.
Das Auswärtige Amt richtete nach Angaben Merkels einen Krisenstab ein. "Meine Gedanken sind in diesen Stunden natürlich bei den Angehörigen der Opfer und bei den Verletzten", sagte die Kanzlerin. Der deutsche Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) sprach von einem "barbarischen feigen Akt des Terror", den die Bundesregierung auf das Schärfste verurteile. Zugleich versicherte er: "Wir stehen fest an der Seite der Türkei."
Nach dem Anschlag verhängte die türkische Regierung eine Nachrichtensperre. Zur Begründung teilte die Medienaufsicht RTÜK mit, ein solcher Schritt sei laut Gesetz möglich, wenn er der "nationalen Sicherheit" diene. Eine dpa-Reporterin wurde von Polizisten daran gehindert, in der Umgebung des Anschlagsortes Fotos zu machen. Die dpa-Reporterin berichtete vor Ort von zahlreichen Polizisten sowie Rettungskräften. Auch Bombenentschärfer seien im Einsatz, sagte sie.
Der IS hatte im vergangenen Jahr mehrere Anschläge in der Türkei verübt, sich dabei aber vornehmlich auf kurdische Ziele konzentriert. Touristen waren bislang kein Anschlagsziel des IS.
Im Südosten des Landes läuft außerdem eine Offensive der türkischen Streitkräfte gegen die verbotene kurdische Arbeiterpartei PKK, die damit gedroht hat, den Konflikt auch in den Westen der Türkei zu tragen. Die PKK greift aber in der Regel staatliche Einrichtungen an und ist bemüht, ihr Verhältnis zu westlichen Ländern zu verbessern.
Eine Reporterin von CNN Türk berichtete von schockierten Touristen, die nach der Explosion auf dem Pflaster gesessen hätten. Augenzeugen hätten gesagt, sie hätten einen Feuerball aufsteigen gesehen. Zu der Detonation sei es an dem ägyptischen Obelisken gekommen, der in der Nähe der Hagia Sophia, der Blauen Moschee und des Deutschen Brunnens steht. Die Explosion um 10:15 Uhr (Ortszeit/09:15 MEZ) war noch in einigen Kilometern Entfernung zu hören.
dpa/sh/okr - Bild: str/afp