Der japanische VW-Rivale Toyota muss erneut massenweise Autos in die Werkstätten zurückrufen. Betroffen sind weltweit 6,5 Millionen Autos, wie der Konzern am Mittwoch bekanntgab. Ursache sei ein Defekt bei einem Modul für elektrische Fensterheber. Von den 6,5 Millionen Fahrzeugen sind in Europa 1,2 Millionen Autos betroffen, in den USA 2,7 Millionen und in Japan 600.000. Wieviele Wagen in Deutschland betroffen sind, konnte eine Toyota-Sprecherin zunächst nicht sagen.
Bei dem Rückruf geht es um Module in Fensterhebern, bei denen das aufgesprühte Schmieröl während des Herstellungsverfahrens möglicherweise unvollständig aufgetragen wurde. Der bei der Nutzung anfallende Abrieb bei den elektrischen Kontakten könne sich ansammeln und einen Kurzschluss verursachen. Dies könne zu Überhitzung und potenziell zu einem Brand führen, teilte Toyota mit. Berichte über Unfälle lägen aber nicht vor. Aus den USA sei jedoch ein Vorfall gemeldet worden, bei dem sich ein Fahrer scheinbar die Hand verbrannt habe.
Erst im vergangenen Jahr hatte Toyota sechs Millionen Autos wegen Problemen bei fünf Bauteilen zurückgerufen müssen, darunter Kabelbaum, Lenksäule und Sitzschienen. Später mussten weitere 1,7 Millionen Autos unter anderem wegen Problemen mit Bremskopfzylindern und Benzinleitungen in die Werkstätten zurück.
Der Vorgang bei Toyota weckt Erinnerungen an den millionenfachen Rückruf des japanischen Branchenprimus vor fünf Jahren. Damals ging es um rutschende Fußmatten und klemmende Gaspedale. Die Behörden auf dem wichtigen US-Markt hatten Toyota vorgeworfen, die Rückrufe von 2009/2010 verzögert zu haben. Toyotas Image erlitt dadurch schweren Schaden. Als Lehre daraus hatten die Japaner eine umfangreiche Qualitätsoffensive gestartet. Bei jeglichen Zweifeln an der Qualität will man seither konsequent alle betroffenen Autos zurückholen.
In der Autoindustrie hatten Rückrufe zuletzt für viele Schlagzeilen gesorgt. So musste der japanische Airbag-Hersteller Takata im Frühjahr mögliche Gefahren bei insgesamt 19,2 Millionen Autos zugeben und die bis dahin größte Rückrufaktion der US-Autoindustrie einläuten. Der US-Autobauer General Motors musste wegen Problemen an Zündschlössern Millionen von Autos zurückrufen.
Die Autobauer setzen zunehmend auf gleiche Teile für mehrere Modelle, um Kosten zu sparen und schneller Autos bauen zu können. Das sogenannte Baukastenprinzip hat viele Vorteile - so lange nichts kaputt geht. Macht ein einziges Teil Probleme, trifft es oft gleich massenweise Autos.
Dazu kommt, dass die Autos immer komplexer werden, wie der Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer von der Uni Duisburg-Essen sagte. "Durch die höhere Komplexität der Fahrzeuge steigen damit bei gleicher Qualität der Einzelteile die Fehleranfälligkeiten." Außerdem sei die "Hemmschwelle" der Autobauer, einen Rückruf einzuleiten, deutlich geringer geworden. Der Hauptgrund seien die strengen US-Behörden. "USA hat das strengste Verbraucherrecht weltweit und die höchsten Strafen."
Vor dem größten Rückruf der Konzerngeschichte steht angesichts des Abgas-Skandals der Toyota-Rivale Volkswagen. In den 28 Ländern der Europäischen Union will Volkswagen rund 8,5 Millionen Diesel-Fahrzeuge in die Werkstätten. Rund 2,4 Millionen davon entfallen auf die VW-Heimat Deutschland. Beginnen soll die Aktion im Januar.
Volkswagen und Toyota liefern sich ein Wettrennen um den Titel des weltgrößten Autokonzerns. Nach dem ersten Halbjahr 2015 hatte der VW-Konzern die Nase vorne - allerdings nur, wenn bei Volkswagen die schweren Nutzfahrzeuge MAN und Scania mitgerechnet werden. Damit kam Europas größter Autobauer nach den ersten sechs Monaten insgesamt auf 5,04 Millionen Fahrzeuge, Toyota auf 5,022 Millionen Fahrzeuge.
dpa/sh - Illustrationsbild: Tannen Maury (epa)