UN-Generalsekretär Ban Ki Moon hat angesichts der Flüchtlingskrise zu einer weltweiten Kraftanstrengung aufgerufen. "Wenn wir globale Solidarität haben, dann können wir diese tragischen Szenen überwinden", sagte Ban am Mittwoch in New York bei einer Sondersitzung am Rande der UN-Vollversammlung. Er bedankte sich dabei ausdrücklich bei der Bundesregierung für ihre "überzeugende und anteilnehmende Führungsstärke". Für Deutschland nahm Außenminister Frank-Walter Steinmeier an dem Treffen teil.
Die einzige Chance zur Lösung der Krise liege in "globaler Zusammenarbeit", sagte die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini. "Europa fühlt sich bei diesem Thema unter Druck." Der griechische Ministerpräsident Alexis Tsipras rief zu "mehr europäischer Kooperation" auf. "Wir können es schaffen, wenn wir zusammenhalten", mahnte der österreichische Präsident Heinz Fischer.
Unterdessen schlug EU-Wirtschafts- und Währungskommissar Pierre Moscovici vor, die Kosten, die wegen der Flüchtlingskrise auf die EU-Mitgliedstaaten zukommen, nicht auf die Schulden anrechnen. "Diese Flüchtlingskrise ist kurzfristig eine Belastung für die Volkswirtschaften, mittelfristig kann sich das ändern", sagte Moscovici der "Süddeutschen Zeitung". "Wir müssen die Flüchtlingskrise und deren Kosten deshalb als eine Investition betrachten. Ich bin sicher, dass sie neue Arbeitskräfte, neue Energie und neuen Konsum weckt, so dass sie schlussendlich einen positiven Effekt haben wird auf unsere Volkswirtschaften."
Ungarns Ministerpräsident Viktor Orban, der wegen seiner harten Haltung in der Flüchtlingspolitik seit Wochen in der Kritik steht, warnte dagegen erneut vor einer Destabilisierung Europas durch den anhaltenden Zustrom von Flüchtlingen. "Europa wird nicht in der Lage sein, diese Last alleine zu tragen. Wenn die Situation sich nicht ändert, dann wird Europa destabilisiert."
Auch sein Land habe "tief empfundenes Mitleid" für die Menschen, die ihre Heimat verließen, fügte Orban an. "Es ist unsere moralische Verpflichtung, diesen Menschen ihre Heimat und ihre Länder wiederzugeben. Es kann nicht unsere Aufgabe sein, ihnen ein neues, europäisches Leben zu geben."
Zuvor hatten die Außenminister der G7-Staaten, die ebenfalls am Rande der UN-Vollversammlung zusammengekommen waren, angekündigt, dass sie ihre Hilfen zur Bewältigung der Flüchtlingskrise zusammen mit anderen Ländern um annähernd 1,9 Milliarden Dollar (etwa 1,7 Milliarden Euro) aufstocken wollen. Der deutsche Außenminister Frank-Walter Steinmeier forderte bei dem von UN-Chef Ban einberufenen Sondertreffen, dass weitere Länder zusätzliches Geld bereitstellen sollten. Außerdem brauche es ein gemeinsames europäisches Asylsystem. "Davon sind wir aber noch weit entfernt."
Premierminister Charles Michel hat am Mittwoch vor der UN-Generalversammlung zur Flüchtlingskrise Stellung bezogen. In seiner Rede legte er den Schwerpunkt auf die Konflikte in Syrien, Libyen und Irak. In Bezug auf die Lage in Syrien war Michel deutlich: Seiner Ansicht nach müssen sowohl die Terrormiliz Islamischer Staat als auch das Regime von Präsident Baschar al-Assad bekämpft werden. Ein militärisches Eingreifen in Syrien sei aber nur dann möglich, wenn internationales Recht geachtet wird, erklärte Premier Michel.
dpa/jp - Bild: Kena Betancur (afp)