Im Streit zwischen den USA und Russland um die Einbindung von Präsident Baschar al-Assad in eine Friedenslösung für Syrien hat sich die Europäische Union an die Seite der Amerikaner gestellt. "Wir können nicht vergessen, dass Millionen Menschen wegen seiner furchtbaren Methoden, die Stabilität Syriens zu sichern, geflohen sind", sagte EU-Ratspräsident Donald Tusk am Dienstag vor der UN-Vollversammlung in New York.
"Bei meinen Reisen in die Region hat man mir gesagt, dass ein Sieg Assads nur zu einem neuen Exodus führen würde", sagte der Pole. "Das alleinige Ziel eines Friedensplans muss aber sein, dass sie wieder ein normales Leben in der Region führen können."
Zuvor hatten die Präsidenten der USA und Russlands, Barack Obama und Wladimir Putin, sich über genau diese Frage gestritten. "Wir sind bereit, mit jedem zu reden, auch mit Russland und dem Iran", sagte Obama. "Aber nach so viel Blutvergießen und Gemetzel können wir nicht einfach zum Status quo zurückkehren." Wenn ein Diktator Zehntausende seines eigenen Volkes ermorde, sei das keine innere Angelegenheit mehr. Putin hatte hingegen gesagt: "Es ist ein großer Fehler, die syrische Regierung und ihre Armee infrage zu stellen. Sie kämpfen wahrhaft gegen die Bedrohung durch islamistische Terroristen."
In der Flüchtlingskrise forderte Tusk vor der Vollversammlung der 193 UN-Staaten weltweite Hilfe. "Diese Krise hat eine globale Dimension. Und deshalb braucht sie auch eine globale Lösung. Jede Hilfe ist willkommen." Er fügte an, dass die Welt auf Europa zählen könne: "So schwierig die Situation ist; wir werden diese Krise lösen, und die Welt wird danach ein besserer Platz sein." Isolierung sei nie und werde nie eine Option für Europa sein.
Zugleich sagte er, die Flüchtlinge kämen nicht nur aus wirtschaftlichen Gründen - dann gäbe es nähere Plätze mit vergleichbarem Reichtum. "Es geht ihnen auch um Toleranz, Freiheit, Menschenrechte und Respekt und die Gewissheit, dass ihre Kinder in solch einem Umfeld aufwachsen."
Obama rechnet mit Niederlage der Terrormiliz Islamischer Staat
Obama zeigte sich zuvor auf einem Treffen am Rande der Vollversammlung sicher, dass die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) zwangsläufig unterliegen werde. "Der IS wird verlieren, weil er nichts zu bieten hat außer Leid und Tod." Gleichwohl gebe es keine militärische Lösung. "Der Islamische Staat kann nicht auf dem Schlachtfeld besiegt werden. Selbst wenn wir die ganze Führungsriege des IS ausradieren, würden immer noch einige weitermachen." Stattdessen müssten die Köpfe und Herzen der Verführten gewonnen werden. Der IS hat weite Teile Syriens und des Iraks erobert.
UN-Generalsekretär Ban Ki Moon nannte den IS "eine Bedrohung des internationalen Friedens". Die Gruppe "höhlt die universellen Werte von Frieden, Freiheit, Gerechtigkeit und menschlicher Würde aus". Menschenrechte seien aber nicht verhandelbar. "Wenn wir damit anfangen, haben wir schon verloren."
Zuvor hatte der ukrainische Präsident Petro Poroschenko für einen Eklat gesorgt. Er warf Russland vor, "mit dem Angriff auf mein Land aggressiv internationales Recht verletzt und die Welt schockiert" zu haben. "Obwohl diese UN-Vollversammlung die Aggression verurteilte, hat Russland die Angriffe sogar noch verstärkt." 8000 Ukrainer, 6000 von ihnen Zivilisten, seien getötet worden. "Lassen Sie mich klarmachen: Das ist kein Bürgerkrieg und kein interner Konflikt. Das ist eine Aggression", sagte Poroschenko. Die russische Delegation hatte schon zu Beginn der Rede den Saal verlassen und nur einen nachrangigen Diplomaten zurückgelassen.
"An unserer Grenze stehen so viele russische Soldaten, dass sie die Armeen der meisten UN-Staaten in den Schatten stellen würden. Und der Grund ist die Gier Moskaus, zu imperialen Zeiten zurückzukehren", sagte Poroschenko. Russland habe vor den UN vom Kampf gegen Terroristen gesprochen. "Coole Story, aber schwer zu glauben, wenn man selbst Terroristen für seine Ziele einsetzt und Krieg zum Mittel der Diplomatie macht."
Russland wird von der Ukraine als Aggressor in dem Konflikt in der Ostukraine gesehen, hatte allerdings stets Vorwürfe bestritten, die Separatisten mit Waffen und Personal zu unterstützen.
dpa/sh - Bild: Timothy A. Clary (afp)