Das Ahrtal war eines der am stärksten betroffenen Gebiete des Hochwassers von 2021. 135 Menschen verloren damals ihr Leben. Die Zerstörung war flächendeckend: Häuser, Straßen, Schienen, Strom- und Gasleitungen, Schulen, Kindergärten - nahezu alle Bereiche der Infrastruktur wurden von den Wassermassen erfasst.
Viele Straßen sind inzwischen wieder instand gesetzt oder neu gebaut. Beim Wiederaufbau der Brücken allerdings zieht sich die Fertigstellung deutlich länger hin. Erst Mitte Juni konnte die erste kommunale Autobrücke im Ahrtal - die Weinbaubrücke in Dernau - offiziell eingeweiht werden. Weitere Brücken wie die Heppinger Brücke bei Ahrweiler sollen im Laufe des kommenden Jahres fertiggestellt werden, andere erst 2026 oder später.
Auch der Bildungsbereich leidet weiterhin unter den Folgen der Flut. Insgesamt 17 Schulen im Ahrtal wurden so stark beschädigt, dass sie umfassend saniert oder komplett neu gebaut werden müssen. In vielen Fällen fehlen jedoch bis heute konkrete Zeitpläne. Viele Kinder und Jugendliche verbringen ihre Schulzeit noch immer in provisorischen Containern - ohne zu wissen, wann der Unterricht in einem festen Gebäude weitergehen kann.
Trotz der Probleme gibt es auch Fortschritte - besonders bei öffentlichkeitswirksamen Projekten. So wurden die Vinotheken und Gastronomiebetriebe der großen Winzergenossenschaften wieder aufgebaut und eröffnet. Auch das Steigenberger Hotel in Bad Neuenahr-Ahrweiler ist inzwischen wieder in Betrieb.
Ein Meilenstein für den Tourismus war zudem die Fertigstellung zweier neuer Fahrradbrücken bei Marienthal im April. Die 70 Meter langen Brücken sind fünf Meter höher als ihre Vorgänger - ein Beitrag zum verbesserten Hochwasserschutz. Auch viele Rad- und Wanderwege entlang der Ahr sind bereits wieder nutzbar. Die Ahrtalbahn, deren Strecke vollständig zerstört wurde, soll bis Ende dieses Jahres wieder vollständig in Betrieb gehen.
Weniger gut läuft es im Bereich des privaten Wiederaufbaus. Viele Haus- und Grundstückseigentümer im Ahrtal kämpfen weiterhin mit langwierigen Verfahren, fehlender Beratung und bürokratischen Hürden. Die Investitions- und Strukturbank Rheinland-Pfalz (ISB) verweist zwar auf eine positive Bilanz: Knapp 4.000 Anträge seien bearbeitet worden, mit einer Bewilligungsquote von 94 Prozent - das entspricht Fördergeldern in Höhe von rund 630 Millionen Euro. Doch viele Betroffene berichten weiterhin von Verzögerungen und Frust auf dem Weg zum genehmigten Antrag.
Der rheinland-pfälzische Innenminister Michael Ebling (SPD) zeigte im Interview mit dem SWR Verständnis für die Ungeduld der Menschen: Das Ahrtal sei "die größte Baustelle Deutschlands". Nirgendwo sonst gebe es so viele parallele Bauprojekte. Gleichzeitig warnte Ebling davor, mit einer schnellen Lösung zu rechnen. Der Wiederaufbau werde sich noch über viele Jahre hinziehen.
Auch andere Regionen betroffen - Fortschritte, aber langsames Tempo
Neben dem Ahrtal waren auch Teile der deutschen Eifel und Nordrhein-Westfalens von der Flut betroffen. Auch hier ist der Wiederaufbau in vollem Gange, zieht sich aber ebenfalls in die Länge. So wurde beispielsweise das stark beschädigte Teilstück der Eifelbahn von Hürth bis Gerolstein kürzlich wieder in Betrieb genommen. Der Abschnitt bis Trier soll bis 2028 fertiggestellt werden. Die Erfttalbahn zwischen Euskirchen und Bad Münstereifel soll Ende dieses Jahres wieder befahrbar sein.
Ein weiteres Beispiel ist die Steinbachtalsperre bei Euskirchen, die 2021 beinahe gebrochen wäre. Die Schäden waren erheblich, der Wiederaufbau läuft. Ziel ist, das beliebte Naherholungsgebiet bis 2028 wieder vollständig nutzbar zu machen - inklusive Badebetrieb.
swr/dpa/re