Beide Tagesordnungspunkte sind natürlich eine Reaktion auf den Kollisionskurs, den US-Präsident Donald Trump in puncto Sicherheit und Beziehungen zu den bisherigen Bündnispartnern eingeschlagen hat.
Die Vorsitzende der Europäischen Kommission, Ursula von der Leyen, hatte am Dienstag den sogenannten "ReArm Europe"-Plan vorgestellt, einen Plan zur Wiederbewaffnung Europas im Wert von rund 800 Milliarden Euro. Ein Großteil dieser Summe - 650 Milliarden Euro - soll von den Mitgliedsstaaten der Union kommen. Europa sehe sich einer klaren Gefahr gegenüber und müsse in der Lage sein, sich zu schützen, sagte von der Leyen.
Belgien soll Nato-Vorgabe vor 2029 erreichen
Unmittelbar vor Beginn des Gipfels hatte Premierminister Bart De Wever seine Unterstützung für den Vorstoß von der Leyens zur Wiederbewaffnung Europas zum Ausdruck gebracht. Er glaube auch, dass Belgien das Zwei-Prozent-Ziel der Nato erreichen kann, ohne dass andere Politikbereiche darunter leiden müssten. Belgien will eigentlich bis 2029 zwei Prozent des Bruttoinlandsproduktes für seine Verteidigung ausgeben. Das ist die Vorgabe der Nato. Die wird von Belgien aber nicht eingehalten.
De Wever erklärte, dass dieses Ziel schon früher erfüllt werden müsse. Wenn Europa seine Sicherheit nicht selbst in die Hand nehme, dann bestehe die Gefahr, dass es mit einer Weltordnung konfrontiert werde, in der es nichts mehr zu melden habe, so De Wever sinngemäß.
De Wever sagt Selenskyj Unterstützung zu
Im Vorfeld des EU-Sondergipfels war Premier De Wever erstmals persönlich mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj zusammengekommen.
Das Gespräch sei sehr positiv verlaufen, teilte De Wever kurz vor Beginn des EU-Gipfels mit. Er habe Selenskyj versichert, dass Belgien auch unter seiner Regierung die Ukraine weiter mit voller Überzeugung unterstützen werde. Alle laufenden Unterstützungsprogramme würden fortgesetzt und das sei auch so im Haushalt eingeplant. Im Fall einer Erhöhung der Verteidigungsausgaben werde man auch prüfen, ob man mehr für die Ukraine tun könne.
De Wever griff auch Medienberichte auf, nach denen belgische F-16-Kampfflugzeuge angeblich erst 2028 an die Ukraine übergeben werden sollten. Das sei falsch, so der Premier kategorisch. Es gebe zwar eine Verzögerung, weil die Ersatz-F-35 nicht wie vereinbart kämen, aber dennoch liefen die Vorbereitungen auf Hochtouren. Das Ziel sei, erste F-16 noch dieses Jahr nach Kiew zu schicken und erste gefechtsbereite Maschinen im kommenden Jahr.
Rufen nach einer Beschlagnahmung und Nutzung der bei Euroclear eingefrorenen russischen Gelder, erteilte der Premier aber eine klare Absage. De Wever verwies unter anderem auf unabsehbare Folgen eines solchen Vorgehens für die globale Finanzordnung und darauf, dass dann auch die Zinsen wegfallen würden, die aktuell für die Ukraine genutzt werden könnten. Aber er werde dem Gipfel alle diesbezüglichen Informationen zur Verfügung stellen.
De Wever dämpfte auch Erwartungen auf einen einstimmigen Gipfelbeschluss für mehr Ukrainehilfe: Über die Position von 25 Partnern sei man sich ziemlich sicher, erklärte der Premier und machte dabei, ohne Namen zu nennen, deutlich, wer vermutlich wieder querliegen wird: Ungarn und die Slowakei.
Allerdings sei es auch denkbar, eine neue Koalition der Willigen für die Ukraine zu schmieden, etwa durch Miteinbeziehung von Großbritannien und Kanada. Er bezweifle auch, dass Viktor Orbán das Wohl der Ukraine im Sinn habe, wenn er direkte Verhandlungen zwischen der EU und Putin fordere, so De Wever noch in diesem Zusammenhang.
Trotz Trump-Verhalten: Kein Abbruch der Beziehungen zu den USA
Noch schärfer wurde er zu Donald Trump. Das Verhalten des US-Präsidenten, wie er Menschen behandele, was er sage und tue, das sei sehr uneuropäisch und zum Augen verdrehen. Trump sei ein echter Bully, ein Schulhofschläger, das sei unbestreitbar. Trump stecke voller Überraschungen, die meisten davon seien schlecht für uns.
Einen Abbruch der Beziehungen zu Amerika wegen eines einzigen Präsidenten lehnt De Wever allerdings ab. So etwas werde man ausdrücklich nicht tun. Die USA seien historisch betrachtet der wichtigste Verbündete Belgiens in der Nato und hätten auch Belgien bisher viel Frieden und Wohlstand beschert. Weder die USA noch die Nato könnten in einigen wenigen Monaten ersetzt werden, egal wie sehr man das auch versuche.
Boris Schmidt