Es geht um vier Posten, die neu besetzt werden müssen: das Amt des EU-Kommissionspräsidenten, der Posten des EU-Ratspräsidenten, der die Treffen der EU-Staats- und Regierungschefs leitet, das Amt des EU-Außenbeauftragten und der Posten des EU-Parlamentspräsidenten.
Welche Namen zirkulieren im Vorfeld?
Die deutsche CDU-Politikerin Ursula von der Leyen will ein zweites Mal EU-Kommissionspräsidentin werden. Es gibt auch keinen großen Zweifel mehr, dass sie es werden wird. Zumindest wird sie sicher von den EU-Staats- und Regierungschefs vorgeschlagen. Gewählt werden muss sie letztlich offiziell vom Europaparlament.
Für die Ratspräsidentschaft, also die Nachfolge von Charles Michel, wird der ehemalige Premierminister von Portugal, António Costa, hoch gehandelt.
Für die Außenbeauftragte der EU fällt immer wieder der Name der estischen Premierministerin Kaja Kallas.
Für den Vorsitz im EU-Parlament schätzen Beobachter, dass die aktuelle Parlamentspräsidentin Roberta Metsola aus Malta wieder gute Chancen hat, erneut das Amt zu bekommen.
Ein Belgier ist diesmal nicht dabei. Charles Michel hat sich als Ratspräsident keine große Gefolgschaft aufgebaut. Man ist nicht zufrieden mit ihm und er gilt eher als Fehlbesetzung – genauso übrigens wie der aktuelle Außenbeauftragte der EU, der Spanier Josep Borell. So schreibt es zumindest ganz klar am Montag die Süddeutsche Zeitung. Beide hätten nicht überzeugt. Und deshalb sollen diese Posten wohl mit Sicherheit mit neuen Gesichtern neu besetzt werden.
Nach welchen Kriterien werden die Ämter vergeben?
Das Ergebnis der Europawahlen spielt eine große Rolle, also die Zahl der Sitze, die die verschiedenen Parteiengruppen im Europaparlament bekommen haben.
Die konservative EVP ist bei den Wahlen die stärkste Fraktion geworden und hat sogar Sitze dazu gewonnen. Deshalb ist es fast automatisch so, dass die EVP auch den Vorsitz der EU-Kommission bekommt, eben den wichtigsten Posten. Bei der EVP hat man sich schon früh auf Ursula von der Leyen geeinigt. Und deshalb wird sie es wohl auch werden.
Danach wird versucht, dass neben der größten Fraktion auch die Fraktionen einen Top-Job besetzen können, die zum Mitregieren gebraucht werden. Im Europaparlament gibt es zwar keine festen Regierungskoalitionen, wie man es aus anderen Parlamenten kennt. Aber man versucht sich auf so etwas ähnliches zu einigen.
Zweitstärkste Kraft im Parlament sind die Sozialisten, und die haben sich auf den Portugiesen Costa mehr oder weniger schon festgelegt. Die dritte Kraft sind die Liberalen. Kaja Kallas aus Estland ist Liberale. Metsola ist eine Konservative.
Man hätte vielleicht denken können, dass auch die Grünen noch in das Boot der gemäßigten Parteien mit geholt werden über einen Posten. Danach sieht es zurzeit nicht aus. Aber die Entscheidung fällt letztlich auch erst beim nächsten EU-Gipfel nächste Woche Donnerstag und Freitag (27. und 28. Juni) in Brüssel.
Hat Alexander De Croo Chancen auf einen EU-Top-Job?
Nein. Nach der Wahlniederlage der OpenVLD wäre Alexander De Croo zwar frei für einen Posten auf EU-Ebene und De Croo hat Belgien auch ganz gut durch die belgische EU-Ratspräsidentschaft geführt. Aber die Belgier hatten in den vergangenen Jahren schon zweimal solche EU-Top-Jobs: Der erste Ratspräsident war Herman Van Rompuy, gerade ist es noch Charles Michel. Da müssen dann auch mal andere Länder ran. Das spielt sicher auch eine Rolle bei der Neubesetzung dieser EU-Top-Jobs.
Kay Wagner