"Ein Jahr Krieg, ein Jahr Leid" - diese Schlagzeile der Zeitung Gazet van Antwerpen bringt es wohl auf den Punkt. Denn abgesehen von allen geopolitischen oder strategischen Überlegungen produziert ein Krieg leider in erster Linie Tod und Zerstörung. "Und das wird wohl bedauerlicherweise auch so schnell nicht aufhören", sagte Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg in einem Interview mit der flämischen Fernsehanstalt VRT.
Beobachter rechnen mit neuer Offensive
"Wir müssen uns auf neue Offensiven, neue Kampfhandlungen einstellen", warnt Stoltenberg. "Und genau deswegen müssen wir die Ukraine mehr denn je unterstützen. Denn auch ein Jahr nach Beginn des Krieges hat Putin keinen Frieden im Sinn, sondern er bereitet sich auf noch mehr Krieg vor."
Tatsächlich rechneten Beobachter mit einer neuen russischen Offensive, eben zum Jahrestag des Angriffes. Wobei man auf dem Terrain den Eindruck hat, dass diese Offensive schon begonnen hat. Genau vor diesem Hintergrund hatte die Nato auch versucht, ihre Unterstützung für die Ukraine noch weiter hochzufahren, und das möglichst schnell. "Und, nein, das macht uns nicht zu einer Kriegspartei", betont der Nato-Generalsekretär noch einmal. "Nicht vergessen: Russland führt einen völkerrechtswidrigen Angriffskrieg gegen die Ukraine. Die Ukraine hat das Recht, sich zu verteidigen. Und wir haben das Recht, die Ukraine dabei zu unterstützen. Wobei auch jeder weiß, dass keine Nato-Truppen in der Ukraine eingesetzt werden".
Es geht allein um Waffenhilfe an ein Land, das sich gegen eine militärische Aggression verteidigt. Aber hat man nicht Angst, dass der Kreml deswegen überreagiert und seine nuklearen Drohungen am Ende wahrmachen könnte? Nun, man habe der russischen Seite unmissverständlich klargemacht, dass jeder Einsatz von Atomwaffen Konsequenzen haben werde, sagt der Nato-Generalsekretär. Ein Atomkrieg kennt keine Gewinner und sollte deshalb auch nicht ausgefochten werden.
Es gebe aktuell aber keine Hinweise darauf, dass der Kreml eine nukleare Option in Erwägung zieht, betont Stoltenberg. Allerdings sei es durchaus bedenklich, dass sich Russland nacheinander aus sämtlichen Abrüstungsverträgen zurückziehe, wie zuletzt aus dem New Start-Abkommen. Dies vor allem, weil dadurch die Gefahr von Missverständnissen wachse.
Stoltenberg: China nicht sehr glaubwürdig
Davon abgesehen bekommt der Ukraine-Krieg immer mehr einen globalen Charakter. Vor einigen Tagen hatte sich China als Vermittler zwischen Moskau und Kiew angeboten. Parallel dazu hatte aber auch der Besuch eines hochrangigen chinesischen Diplomaten bei Präsident Putin für Irritationen gesorgt. "China verfügt in dieser Sache nicht über sehr viel Glaubwürdigkeit", so das beißende Urteil des Nato-Generalsekretärs. Schlicht und einfach, weil Peking den völkerrechtswidrigen Krieg nicht eindeutig verurteilt habe, was man doch von einem Mitglied des UN-Sicherheitsrates erwarten dürfe. Und, damit das klar ist: Sollte China sich dazu entschließen, Russland mit militärischem Material oder Waffen zu unterstützen, dann wäre das aus Sicht der Nato inakzeptabel.
In den Augen von Jens Stoltenberg sehen wir hier die Grundzüge einer Auseinandersetzung zwischen einerseits den demokratischen Staaten und andererseits den Diktaturen dieser Welt. Deswegen müssten die Demokratien zusammenstehen und gemeinsam die Ukraine unterstützen. Und am Ende geht es darum, die Spirale der Gewalt zu durchbrechen, die ja im Grunde schon 2008 bei der militärischen Intervention Russlands in Georgien in Gang gekommen war.
Man müsse dem Kreml klarmachen, dass man nicht mehr akzeptieren wird, dass Russland seine Nachbarn und damit auch die Sicherheit Europas bedroht. Natürlich wünsche sich jeder Frieden. Nur nicht zu jedem Preis, unterstreicht Stoltenberg. Jeder Frieden für die Ukraine müsse ein nachhaltiger sein - in dem Sinne, dass man die Grundlage dafür schaffen muss, dass Russland nicht wieder von Neuem beginnt und dass sich die Geschichte wiederholt.
Roger Pint
Horum omnium fortissimi sunt Ukrainae.
"Von allen diesen [Europäern] sind die Ukrainer die Tapfersten."
(In Anlehnung an das berühmte geflügelte Wort von Julius Cäsar über die Belgier)
Slava Ukraini! Verteidiger der freien Welt.