Der Militärlook ist eine alte Jacke, wenn man so will. Das hat schon bei den alten Römern begonnen. Aktuell ist es konkret der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj, der die Modebranche inspiriert. Mit seinem immer gleichen Kleidungsstil - nämlich entweder ein olivgrünes T-Shirt oder ein langärmeliger Militärpullover - wird er von Designern schon als Modeikone gehandelt.
Daher findet man momentan in den Geschäften, vor allem bei Ketten wie H&M, viel in den klassischen Militärfarben. Die Modewelt adoptiert diesen Stil und lehrt einem, was modisch ist, was bequem ist - und das ist das heutige Mode-Mantra schlechthin. Auch wenn Karl Lagerfeld einst mahnte, wer Jogginghosen trägt, hat die Kontrolle über sein Leben verloren.
Beispiele für Beeinflussung des Kleidungsstils
Die Liste der durch das Militär beeinflussten Kleidung ist lang: Da wäre zum Beispiel der Trenchcoat - bis heute sehr beliebt bei Wind und Regen - ursprünglich erfunden für die Soldaten im Ersten Weltkrieg, die in den "trenches", also in den Schützengräben ausharren mussten. Oder der Cardigan, die Wolljacke. Angeblich hat sie ein gewisser Lord Cardigan, ein britischer Offizier während des Krimkrieges im 19. Jahrhundert erfunden, als er sich kurzentschlossen in voller Kampfmontur seinen Pullover mit dem Schwert aufschnitt. Oder ein Beispiel aus den 1960er Jahren: Damals brachte ein gewisser Yves Saint Laurent eine Safari-Kollektion heraus, inspiriert durch die militärisch-koloniale Vergangenheit in Afrika.
Die Modeikone Coco Chanel persönlich hat sehr früh verstanden, dass es Frauen in ihrem Kampf um Gleichberechtigung auch in die Armee zog und hat damit begonnen, pflegeleichte Stoffe zu verwenden und bequeme Schnitte zu entwerfen: ein Seemannsblouson mit V-Ausschnitt und schon war der Marinestil erfunden. Das war ohnehin ihre modische Bestimmung: Frauen von allem zu befreien, was einengt - wie zum Beispiel das Korsett. Die Röcke wurden außerdem kürzer, was insgesamt für mehr Bequemlichkeit und Alltagstauglichkeit sorgte. Im Zweiten Weltkrieg, als die Frauen zu Hause ihren Mann stehen mussten und in den Waffen- und Munitionsfabriken arbeiteten, kam auch der Overall für Frauen auf - berühmt beworben von "Rosie the Riveter". Das berühmte Plakat der US-Kriegspropaganda zeigt stellvertretend für viele Frauen eine Arbeiterin, die die Faust spannt und dabei ihren kräftigen Bizeps zeigt, den sie vom Nietenpressen hat.
Nicht alle Modedesigner einverstanden
Aktuell Kriegsmuster und Kriegsfarben als Alltagskleidung zu vermarkten, ruft durchaus unterschiedliche Haltungen hervor. Modedesigner haben schon immer auch die Krisen in der Welt im Blick gehabt, lautet eine Rechtfertigung dafür. Die Luxusmarke Dolce & Gabana setzte letztes Jahr voll auf Camouflage-Muster. Es gibt aber auch Designer, die sich davon distanzieren. Dazu zählt der Belgier Dries Van Noten. Der findet, dass so etwas nicht geht in Kriegszeiten.
Hier gehen die Meinungen weit auseinander. Was die Modebranche allerdings eint, sind Solidaritätsbekundungen für die Ukraine und Russland-Boykotte.
hln/sh