Der Feind habe östlich gelegene Randbezirke erobert, teilte das ukrainische Militär mit. Zuvor hatte das russische Verteidigungsministerium bereits die Einnahme mehrerer Stadtteile gemeldet. Am Vormittag berichtete das Außenministerium in Kiew von einem russischen Angriff auf eine Moschee in der Stadt, in der mehr als 80 Zivilisten Zuflucht gesucht hätten. Berichte über Opfer gibt es bislang nicht.
Auch die Städte Charkiw, Tschernihiw und Sumy stehen unter schwerem Beschuss durch die russischen Streitkräfte. Das geht aus einem britischen Geheimdienstbericht hervor. Genau wie Mariupol sind auch diese Städte weiterhin eingekesselt.
Währenddessen kreisen russische Truppen die Hauptstadt Kiew weiter ein. Vor allem im Nordwesten der ukrainischen Hauptstadt wird zurzeit heftig gekämpft.
Zu Beginn des Krieges am 24. Februar hatten die Separatisten rund 30 Prozent der Regionen unter ihrer Kontrolle. Nun sind es nach ukrainischen Angaben im Gebiet Luhansk bereits 70 Prozent. Es gebe Dutzende getötete und verletzte Zivilisten. Diese Angaben lassen sich bisher nicht unabhängig überprüfen.
Fluchtkorridore geplant - Lage in Mariupol katastrophal
Um Zivilisten aus umkämpften ukrainischen Städten zu retten, sind am Samstag mehr als ein Dutzend Fluchtkorridore geplant. Ein neuer Konvoi mit Hilfsgütern und Bussen hat sich nach ukrainischen Angaben auf den Weg in die belagerte Hafenstadt Mariupol gemacht. Es ist der fünfte Versuch, die Stadt zu erreichen. Bisher kamen die vereinbarten Korridore nie zustande.
Besonders dramatisch ist die Lage im seit mehr als zehn Tagen von der russischen Armee eingekesselten Mariupol. Nach Angaben der örtlichen Behörden wurden seit der Belagerung mindestens 1.500 Menschen getötet. Die Toten in der Hafenstadt würden noch nicht einmal begraben, hieß es in einer Stellungnahme des Bürgermeisterbüros von Mariupol. Die Stadt sei von der Versorgung mit Nahrungsmitteln und Medizin abgeschnitten. Das Internationale Komitee vom Roten Kreuz berichtet von katastrophalen Bedingungen für die noch rund 300.000 in der Stadt eingeschlossenen Zivilisten. Die Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen spricht von einer "unvorstellbaren Tragödie".
Ukraine und Russland gaben sich gegenseitig die Schuld am Scheitern. Die prorussischen Separatisten brachten nach eigenen Angaben seit Freitagmorgen 217 Zivilisten aus Mariupol in Sicherheit. Die ukrainische Vize-Regierungschefin Wereschtschuk sagte, es gebe auch Korridore für mehrere Orte nordwestlich von Kiew.
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