Die Evakuierung durch einen humanitären Korridor hatte um elf Uhr belgischer Zeit begonnen. Die Feuerpause sollte eigentlich bis 20 Uhr am Sonntagabend dauern. Prorussische Separatisten und die ukrainische Nationalgarde beschuldigen sich gegenseitig, die Waffenruhe gebrochen zu haben.
Schon am Samstag war die Evakuierung der belagerten Stadt gescheitert. Rund 400.000 Menschen sind in Mariupol ohne Strom und Wasser eingekesselt. Es soll schon viele Tote und Verletzte gegeben haben.
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj gab unterdessen an, dass sich die russischen Streitkräfte auch auf die Bombardierung der Stadt Odessa vorbereiten würden. Moskau meldete außerdem die Zerstörung eines ukrainischen Luftwaffenstützpunktes. Die Angaben beider Seiten können nicht unabhängig überprüft werden.
Vormarsch der russischen Truppen auf Kiew und Charkiw geht weiter
In der Ukraine geht die Offensive der russischen Truppen weiter. Nach Angaben des ukrainischen Generalstabs von Sonntagmorgen konzentrieren sich die Angreifer auf die Umzingelung der Hauptstadt Kiew. Den Angaben zufolge versuchen russische Einheiten, in die südwestlichen Außenbezirke von Kiew einzudringen.
Außerdem nähern sie sich dem internationalen Flughafen von Kiew, der in einem Vorort östlich der Hauptstadt liegt. Die ukrainische Armee geht weiter davon aus, dass Russland plant, den Damm eines Wasserwerkes rund 150 Kilometer südlich von Kiew einzunehmen. Auch Charkiw im Osten des Landes steht weiter unter Beschuss.
Präsident Selenskyj forderte seine Landsleute in einer Videobotschaft auf, zu kämpfen und die russischen Truppen zu vertreiben.
Moskau: Vormarsch in der Ostukraine geht voran
Nach Angaben aus Moskau sind die russische Armee und die von ihr unterstützten Separatisten im Osten der Ukraine weiter auf dem Vormarsch. Das russische Verteidungsministerium berichtet, bei den Angriffen hätten sich die Streitkräfte elf Kilometer weit ins Landesinnere bewegt und fünf weitere Ortschaften unter ihre Kontrolle gebracht. Die prorussischen Separatisten in den Regionen Luhansk und Donezk brachten demnach insgesamt elf Ortschaften unter ihre Kontrolle.
Inzwischen seien mehr als 2.200 Objekte der ukrainischen Militärinfrastruktur zerstört worden, hieß es weiter. Vernichtet wurden den Angaben zufolge 780 Panzer und rund 100 Flugzeuge. Überprüfbar sind diese Angaben nicht. Russland hatte zuletzt Hunderte getötete Soldaten in den eigenen Reihen eingeräumt. Die Ukraine spricht von Tausenden, auch das ist nicht überprüfbar.
belga/dpa/orf/est