Etwa zwölf Prozent des Welthandels werden durch den Suezkanal abgewickelt. Mehr als fünfzig Schiffe passieren ihn täglich - jedes Jahr sind das 19.000. Alleine ein großes Schiff kann Fracht im Wert von einer Milliarde Dollar transportieren, erklärte ein Hafenexperte.
Nach einer eintägigen Blockade warten bereits zwischen 165 und 185 Schiffe auf beiden Seiten des Kanals. Laut Schätzungen der Schifffahrtsexperten von Lloyd's verursacht die Blockade 400 Millionen Dollar Schaden pro Stunde.
Als wäre der Schaden nicht groß genug, kam es schon vor der Blockade zu einer weltweiten Verknappung von Containern. Die ist durch logistische Probleme aufgrund der Corona-Krise entstanden. Infolgedessen haben sich die Preise für die Container-Schifffahrt in den letzten Monaten vervierfacht. Das System stößt also an verkraftbare Grenzen.
Erheblicher wirtschaftlicher Schaden
Am Donnerstag ist der Ölpreis bereits leicht gestiegen. Aber Vieles hängt davon ab, wie lange die Havarie dauern wird. Schätzungen variieren von ein paar Tagen bis zu ein paar Wochen. Im letzteren Fall entsteht ein erheblicher wirtschaftlicher Schaden. Wenn die Reedereien Afrika umfahren müssen, sind sie zwei Wochen länger unterwegs.
Außerdem haben viele der wartenden Schiffe Kühlcontainer mit verderblichen Produkten an Bord. Und dann gibt es schon durch Corona eine Lieferkrise. Fabriken in Europa, wie zum Beispiel Autofabriken, könnten aufgrund des Mangels an Einzelteilen, die aus Asien kommen, zum Stillstand kommen.
Am Donnerstag landete ein achtköpfiges Bergungsteam der niederländischen Firma Smit Salvage auf der Ever Given. Sie untersuchen nun, unter anderem mit Sonargeräten, was nötig ist, um das Schiff in Bewegung zu setzen. Dabei geht es nicht darum, einfach kräftig zu ziehen. Fotos und Satellitenbilder zeigen, dass sich die Ever Given tief in die beiden Uferseiten gebohrt hat und um mehr als einen Meter nach oben gedrückt wurde. Es ist gut möglich, dass das Schiff festklemmt.
Die Lösung ist wahrscheinlich eine Kombination aus Ausbaggern - also Platz schaffen unter dem Schiff durch das Entfernen von Sand - und dann noch einer Entlastung des Schiffes. Wenn weniger Container drauf sind, könnte ein Schlepper dann einen Versuch starten. Wenn das nicht klappt, könnte es Montag einen zweiten Versuch geben. Das ist der Zeitpunkt, an dem die Flut eintritt.
Im schlimmsten Fall müssen auch voll beladene Container vom Schiff geholt werden und wenn es schlecht läuft, alle 20.000. Das ist gar nicht so einfach: Der Suezkanal verläuft 192 Kilometer von Süden nach Norden quer durch die ägyptische Wüste Sinai. Das heißt, dass man Kranschiffe, Bagger und andere Containerschiffe heranziehen muss, um die Ladung umzuladen. In diesem Fall könnte es Wochen dauern, bis der Suezkanal wieder schiffbar ist.
Ägypten ist zuversichtlich. Die Blockade des Suezkanals durch das festgefahrene Containerschiff dauert nach Angaben der ägyptischen Behörden höchstens noch drei Tage. Die gut informierte Nachrichtenagentur Bloomberg berichtete allerdings am Freitag unter Berufung auf namentlich nicht genannte Quellen, dass die Arbeiten etwa eine Woche, möglicherweise auch länger, dauern könnten.
demorgen/mz