Tichanowskaja forderte bei der Verleihung am Mittwoch im Brüsseler Plenarsaal mehr konkrete Unterstützung von der Europäischen Union. "Eure Solidarität und eure Stimme sind wichtig, aber es sind Taten, die zählen", sagte sie. Das Einstehen für Menschenrechte und Demokratie sei keine Einmischung in innere Angelegenheiten, sondern die Pflicht jedes sich selbst respektierenden Staates. Ohne ein freies Belarus sei auch Europa nicht vollkommen frei.
Parlamentspräsident David Sassoli sagte bei der Verleihung, die belarussische Opposition habe in den vergangenen sechs Monaten gezeigt, was es bedeute, sich nicht zu ergeben. Sie werde für ihren Widerstand und ihr Durchhaltevermögen geehrt. Es sei eine moralische Pflicht der EU, die Menschen in Belarus zu unterstützen. Sassoli betonte jedoch, man wolle sich nicht in innere Angelegenheiten einmischen.
Seit der Präsidentenwahl am 9. August gibt es in Belarus regelmäßig Proteste gegen Alexander Lukaschenko. Dieser hatte sich nach 26 Jahren an der Macht mit 80,1 Prozent der Stimmen für eine sechste Amtszeit bestätigen lassen. Die EU erkennt ihn nicht mehr als Präsidenten an.
Bei den Demonstrationen nach der Wahl war die Polizei teils brutal gegen Protestierende vorgegangen. In einem Video zur Preisverleihung war von 26.000 Festnahmen seit Beginn des Wahlkampfes die Rede.
Der Sacharow-Preis vom Europäischen Parlament wird seit 1988 jährlich an Persönlichkeiten, Gruppen oder Organisationen verliehen, die sich für die Verteidigung der Menschenrechte und der Grundfreiheiten einsetzen. Die Auszeichnung ist mit 50.000 Euro dotiert.
dpa/km