Die Ergebnisse der Studie des King's College London, die in der Zeitschrift "Proceedings of the National Academy of Sciences" veröffentlicht wurden, basieren auf den Scans von Erwachsenen, die als Waisen unter dem Regime des rumänischen Diktators Nicolae Ceaușescu aufgewachsen sind und von britischen Familien adoptiert wurden. Nach dem Sturz des Regimes im Jahr 1989 wurde deutlich, dass eine große Zahl von Kindern in Waisenhäusern unter schrecklichen Bedingungen, unterernährt und mit wenig sozialen Kontakten leben mussten.
Anfang der 1990er Jahre wurden viele dieser Kinder von liebevollen britischen Familien aufgenommen. Doch die Verwahrlosung in den ersten Jahren hat ihre Gehirnstrukturen geprägt, sagen Experten. Hirnscans von 67 rumänischen Adoptivkindern, die heute 23 bis 28 Jahre alt sind und drei bis 41 Monate in schwerer Not gelebt hatten, wurden denjenigen ihrer Altersgenossen gegenübergestellt. Im Durchschnitt waren ihre Gehirne um 8,6 Prozent kleiner.
Frühere Studien mit den Adoptierten zeigten bereits kognitive Probleme und höhere Raten von Störungen wie ADHS und, als Erwachsene, Angst und Depression. Die geringere Größe des Gehirns könnte ein Teil der Erklärung sein.
Nicht durch schlechte Ernährung
"Das auffälligste Ergebnis ist, dass die Auswirkungen auf das Gehirn anhalten", sagte Professor Edmund Sonuga-Barke der Zeitung The Guardian. Die Ergebnisse zeigen demnach, dass die Neuroplastizität, also die Anpassungsfähigkeit unseres Gehirns, wenn etwas schief läuft, Grenzen hat. Selbst bei bester Pflege könne man später noch die Zeichen dieser früheren Widrigkeiten sehen.
Das Team entdeckte auch, dass die Größe der Hirnverkleinerung mit der Aufenthaltsdauer in den rumänischen Waisenhäusern zusammenhängt: Jeder zusätzliche Monat war mit einem geringeren Hirnvolumen verbunden. "Je mehr Entbehrungen, desto kleiner ihre Gehirne", sagt Sonuga-Barke.
Die genauen Ursachen bleiben den Forschern vorerst unklar. Feststeht nur: Es liegt nicht an schlechter Ernährung.
Die Entbehrungen in den rumänischen Waisenhäusern waren sehr extrem. Ob eine weniger schwerwiegende Vernachlässigung ähnliche langfristige Folgen haben könnte, ist auch noch nicht geklärt.
Nach dem Ende der kommunistischen Regimes in den Ostblock-Staaten setzten sich auch Ostbelgier für rumänische Kinder ein. So wurde mit Partnern aus Bitburg eine private belgisch-deutsche Rumänienhilfe ins Leben zu rufen.
demorgen/mz