Sie beschützen den Papst und sind mit ihren farbenfrohen Uniformen beliebtes Fotomotiv bei Touristen auf dem Petersplatz. Und sie bilden mit 150 Mann die kleinste Armee der Welt. Gegründet wurde die Päpstliche Schweizergarde im Jahr 1506. Heute, 513 Jahre später, schreibt sie sich Erneuerung auf die Fahnen - mit frischer Uniform, leicht gelockerten Regeln und Werbevideos.
"Wir betreten Neuland", sagt der Kommandant der Garde, Christoph Graf. Denn die Schutztruppe des Heiligen Vaters hat Mühe, genügend Nachwuchskräfte zu finden.
Das Terrain ist ungewohnt für die Leibgarde des Papstes. Deutschlands größter Freizeitpark, der Europa-Park in Rust bei Freiburg, ist der Ort des diesjährigen Betriebsausflugs der Garde. "Der Spaß steht im Vordergrund", sagt der Schweizer Pfarrer Ernst Heller, der den Gardisten als Reiseführer dient. Diese erkunden in ziviler Kleidung und unerkannt den Vergnügungspark. Alle gemeinsam können nicht auf Reisen gehen.
Damit Papst Franziskus nicht ohne Schutz ist, sind jeweils nur 50 der 150 Truppenmitglieder auf Exkursion. Die anderen bleiben in Rom. Anschließend ist Wechsel. Der Betriebsausflug, zu dem zum Beispiel auch ein Besuch des Europaparlaments in Straßburg gehört, findet nacheinander in drei Gruppen statt.
Erstmals Marketing
Der 57 Jahre alte Graf aus dem Schweizer Kanton Luzern ist seit 32 Jahren bei der Garde, seit knapp viereinhalb Jahren ist er deren 35. Chef. Dass die militärisch organisierte Einheit über sich selbst spricht, ist ungewohnt. "Wir machen nun Marketing - erstmals seit unserer Gründung", sagt der Kommandant. Denn die Truppe, zu der nur katholische Männer aus der Schweiz dürfen, hat Nachwuchssorgen.
"Die gute Wirtschaftslage in der Schweiz, die geburtenschwachen Jahrgänge und die geringer werdende Bedeutung des Glaubens in der Gesellschaft führen dazu, dass uns junge Leute fehlen", sagt Graf. Bewerberzahlen gingen seit Jahren zurück. Statt beim Papst suchten Schulabgänger lieber Jobs in der freien Wirtschaft.
Vorgaben
Graf und seine Garde versuchen, gegenzusteuern. Werbevideos im Internet und Workshops sollen junge Menschen ansprechen. "Wir werden das weiter ausbauen, sind dabei aber noch in der Experimentierphase." Zudem ist die seit Jahrhunderten und verbindlich geltende Mindestgröße für Gardisten von 1,74 Metern in eine Richtgröße umgewandelt worden. "Hatten wir einen Bewerber mit 1,72 Meter Körpergröße, mussten wir ihn bislang abweisen. Das ist ja schade", sagt Graf. Nun würden auch kleinere Männer zugelassen.
Die weiteren Vorgaben bleiben, zumindest vorerst. Wer als Schutzmann in den Vatikan möchte, muss Schweizer sein, den Militärdienst absolviert und eine abgeschlossene Berufsausbildung oder das Abitur haben. Und er braucht einen Leumund, den der örtliche Pfarrer bestätigen muss. Heiraten und Kinder haben dürfen Gardisten.
Neue Uniform
Die traditionellen Uniformen, oft mit Schwert und manchmal auch mit Helm, sind das Markenzeichen der Garde - doch im täglichen Dienst nicht immer praktisch, sagt der Kommandant. Die Garde hat, als Alternative für den täglichen Dienst, daher jetzt eine Einsatzuniform geschaffen, die weniger prächtig, dafür aber praxistauglicher ist, wie Graf betont: "Die neue Uniform ist fertig und soll öffentlich präsentiert werden." Es fehle nur noch der päpstliche Segen.
"Mit gewöhnlichen Berufen ist der Dienst in der Schweizergarde nicht zu vergleichen", erzählt einer der Männer. Es sei ein besonderer Job an einem besonderen Ort, bei dem man besonderen Menschen begegne. Das mache den Reiz aus. Zudem sei er abwechslungsreich. Geht der Pontifex auf Reisen, ist die Schweizergarde stets dabei.
Keine Lebensaufgabe
Eine Lebensaufgabe ist der Job als Gardist nicht, sagt Kommandant Graf. Ein Drittel verlasse die Truppe planmäßig jedes Jahr. Die anderen blieben im Schnitt zwei Jahre, nur wenige noch ein drittes Jahr. Lediglich die rund 30 bis 35 Spezialkräfte, die zivil Personenschutz machen, sowie Führungskräfte seien länger im Dienst. Die Suche nach neuen Gardisten sei daher eine bleibende Aufgabe.
Überrascht wird Graf regelmäßig von seinem Chef, Papst Franziskus. Der 82-Jährige möge, anders als sein Vorgänger, spontane Ausflüge ohne Eskorte und lege großen Wert auf persönliche Freiheit. "Ihm ist wichtig, nah bei den Menschen zu sein und unkompliziert seinen Weg gehen zu können." So sei er bereits, ohne dies vorab mitzuteilen, zum Optiker und zur Apotheke gegangen. Für seine Beschützer sei dies schwierig: "Aber es ist menschlich und wir haben alle Verständnis."
Angst um seine Sicherheit habe der Papst nicht: "Er weiß, dass sein Leben in Gottes Hand liegt." Einen Zwischenfall habe es seit dem Amtsantritt von Papst Franziskus im März 2013 noch nie gegeben.
Von Jürgen Ruf, dpa