80 Prozent der Teilnehmer sagen, sie wollen, dass Schluss ist mit der Zeitumstellung. Nun hat die EU auch gefragt, wenn schon nicht mehr umstellen, welche Zeit soll denn dauerhaft gelten, die Sommer- oder die Winterzeit? Und da stellt sich heraus: Die Mehrheit will die Sommerzeit behalten. Die gilt ja bisher sieben Monate im Jahr, die Winterzeit nur fünf Monate. Das sind jedenfalls die Zahlen, die deutsche Medien am Mittwoch veröffentlicht haben. Offizielle Zahlen der EU liegen noch nicht vor.
Repräsentativ für die europäische Bevölkerung sind die Zahlen aber ohnehin nicht. Das liegt schon an der Methode, mit der die Umfrage durchgeführt wurde. Es war eine offene Umfrage. Jeder, der mitmachen wollte, durfte auch seine Meinung abgeben - wer getrickst hat, konnte auch mehrfach abstimmen. Unter diesen Umständen muss man davon ausgehen, dass vor allem die an der Umfrage teilgenommen haben, die sich über die Zeitumstellung ärgern. Dadurch bekommt das Ergebnis schon eine Tendenz. Wem die Zeitumstellung egal ist, der macht sich eher nicht die Mühe, die Umfrage aufzusuchen und auszufüllen. Diese Gruppe ist also von vornherein unterrepräsentiert.
Methodische Schwächen
Obschon rund 4,6 Millionen Menschen an der Umfrage teilgenommen haben, ist sie nicht repräsentativ für die Gesamtbevölkerung. Die Methode der Umfrage ist da viel wichtiger als die Frage nach der Anzahl der Teilnehmer. Eine repräsentative Umfrage sieht so aus, dass jeder aus der Gesamtbevölkerung die gleiche Chance hat, nach seiner Meinung gefragt zu werden und eben nicht die nach vorne preschen können, die ein besonderes Interesse an dem Thema haben. Eine zufällig ausgewählte Stichprobe von einigen tausend Menschen in ganz Europa wäre aussagekräftiger als das, was die EU-Umfrage zu Tage gefördert hat.
Woher die Menschen kommen, die an der EU-Umfrage teilgenommen haben, weiß man noch nicht im Einzelnen. In den deutschen Medienberichten heißt es, dass drei Millionen der 4,6 Millionen Teilnehmer aus Deutschland stammen. Das verdeutlicht dann noch einmal die methodische Schwäche der Umfrage. Das kann nicht repräsentativ für die EU sein. Trotzdem nutzen die Sommerzeitgegner die unseriösen Zahlen jetzt schon für ihren Zweck. Ein deutscher Europaabgeordneter sagt in der Westfalenpost: "Wenn das Ergebnis so offensichtlich ist, dürften die europäischen Gremien es nicht ignorieren".
Dauerhafte Sommerzeit
Was das Ergebnis nun für die Zeitumstellung bedeutet, ist noch unklar - bindend ist es jedenfalls nicht. Die EU-Kommission will nun prüfen, wie es mit der Zeitumstellung weitergehen soll. Diese Umfrage soll dabei ein Entscheidungsfaktor sein, aber nicht der einzige. Die EU hat dann ein Vorschlagsrecht, aber am Ende können die einzelnen EU-Staaten selbst entscheiden, welche Uhrzeit bei ihnen gelten soll. Im Extremfall haben wir dann künftig EU-Länder mit und andere ohne Sommerzeit.
Interessant ist auch, dass sich in der Umfrage viele für eine dauerhafte Sommerzeit ausgesprochen haben. Dauerhafte Sommerzeit würde jedenfalls bedeuten, dass wir im Dezember um neun Uhr morgens noch im Dunkeln sitzen. Ob das wohl allen Teilnehmern so klar war? Wie wäre das Ergebnis, wenn man die Menschen im Winter befragt hätte? Auch das eine methodische Schwäche der Umfrage. Und wenn wir die Sommerzeit abschaffen, müssen wir uns auch wieder daran gewöhnen, dass es ab Mitte August abends um 20 Uhr dunkel ist.
dpa/okr