Der Europäische Weltraumbahnhof Kourou in Französisch-Guyana. Eine Ariane-5-Rakete hebt mit Donnern und Grollen ab. An Bord: vier Satelliten für das europäische Navigationssystem "Galileo".
Als die Rakete in der letzten Nacht ihre Bestimmung erreicht hatte und die vier Satelliten ihre Position in der Erdumlaufbahn eingenommen hatten, waren insgesamt 26 Galileo-Satelliten im All. Um einsatzbereit zu sein, braucht es 24 Satelliten. Theoretisch ist man also startklar.
Nur müssen die Trabanten jetzt noch nacheinander in Betrieb genommen werden. Dennoch ist jetzt eigentlich schon fast ein lückenloser Betrieb möglich. Spätestens ab Februar kommenden Jahres soll Galileo dann wirklich einsatzbereit sein. In gut zwei Jahren sollen noch einmal vier Satelliten in die Umlaufbahn gebracht werden. Dann sind es die geplanten 30 - und dann ist Galileo wirklich auf voller Leistung.
Das wäre dann das Ende eines doch langen Weges. Galileo soll ja die europäische Alternative insbesondere zum amerikanischen GPS sein. Russland und China verfügen ebenfalls über satellitengestützte Navigationssysteme, die aber im Wesentlichen vom Militär verwaltet werden. Das gilt im Übrigen auch für das amerikanische GPS, das zunächst auch lediglich einen frei nutzbaren Dienst anbot mit einem stark verschlechterten Signal. Was zeigt, wie sehr die Europäer eigentlich vom guten Willen anderer abhängig war.
Galileo genauer als GPS
Deswegen wurde eben das Projekt Galileo auf die Schienen gesetzt. Die Idee entstand 1999 zunächst in den Köpfen einiger Ingenieure der europäischen Weltraumagentur ESA. 2003 wurde das Projekt dann offiziell lanciert. Nur gab es immer wieder Probleme, Pannen, Verzögerungen. Grundsätzlich ist es ja schonmal nicht einfach, Unternehmen aus so vielen Ländern ineinandergreifen zu lassen. Fakt ist: 2008, der ursprünglich erste Termin, erwies sich als total unrealistisch. 2013 schaffte man auch nicht. Es mussten nochmal fünf Jahre ins Land gehen, damit Galileo endlich mehr oder weniger betriebsbereit ist.
Das Resultat kann sich aber sehen lassen. "Wir vergleichen regelmäßig die Signale von Galileo und von GPS", sagt Alain Muls, Professor an der Königlichen Militärakademie in Brüssel in der VRT. "Und was stellen wir fest? Galileo ist wesentlich genauer als das amerikanische GPS."
Nicht nur genauer ist Galileo, sondern auch sicherer. Wie beim GPS wird es nämlich zwei Dienste geben, einen zur freien Verfügung und dann nochmal einen abgeschirmten Dienst, mit einem verschlüsselten Signal, der einem engeren Nutzerkreis vorbehalten sein wird, insbesondere Behörden und andere strategische Einrichtungen. "Deswegen gelten hier natürlich höchste Sicherheitsstandards", sagte Ricardo Garcie in der RTBF.
Europäisches Projekt
Garcie ist der Leiter von einem der 16 Logistik- und Support-Centern, die das Galileo-System von der Erde aus verwalten. Und dieses "ILS" steht in der Provinz Luxemburg, genauer gesagt in Transinne, nicht weit vom Eurospace-Center von Redu. Hier zeigt sich schon: Galileo ist ein wirklich europäisches Projekt.
So europäisch übrigens, dass man den Briten gerade vor einigen Wochen erst mitgeteilt hat, dass sie raus sind. Frei nach dem Motto "Brexit heißt Brexit" soll Großbritannien das abgeschirmte Navigationssystem nicht nutzen dürfen. Das im britischen Swanwick geplante Sicherheitszentrum wird ebenfalls umziehen müssen.
Galileo sendet jedenfalls schon jetzt. Neuere Navigationsgeräte oder Handys können die Daten auch schon nutzen. Eine parallele Nutzung ist offensichtlich auch möglich, was die Geräte insgesamt wohl schon jetzt genauer machen dürfte.
Ursprünglich waren die Amerikaner nicht begeistert über die "Unabhängigkeitsbestrebungen" der Europäer. Inzwischen schon, eben wegen der Tatsache, dass sich die Systeme gegenseitig ergänzen können. "Wir Europäer werden primär Galileo nutzen, mit GPS als Sicherheitsnetz", sagt Paul Verhoef von der Europäischen Weltraumagentur ESA. "Und die Amerikaner werden ihrerseits Galileo als Backup nutzen." Heißt: Wenn ein System aus welchen Gründen auch immer ausfällt, dann gibt es immer noch ein anderes.
Roger Pint