In der Mega-Stadt Neu Delhi mit mehr als 20 Millionen Einwohnern wird die Luft zum Atmen knapp. Die Augen brennen, der Hals kratzt, Kopfschmerzen und Hustenreiz kommen auf.
Eigentlich könnte es hier ganz schön sein. Doch der Smog, der Dunst, der Gestank nach faulen Eiern und der nicht enden wollende, dichte Verkehr machen diese Stadt ziemlich abweisend. Selbst in den Gebäuden, in Hotels und Schulen steht die Luft.
Am Dienstag wurde der Gesundheitsnotstand in Neu Delhi ausgerufen. Ein Wert von höchstens 50 ist laut Weltgesundheitsorganisation (WHO) noch unbedenklich. Hier haben die Messstationen bei 999 Mikrogramm aufgehört zu messen. Mehr gibt die Skala nicht her.
Die 20-jährige Studentin Gidisha ist mit ihrem Freund auf einem Bazar unterwegs. Ob diese starke Luftverschmutzung sie nicht traurig macht?
"Ganz ehrlich?", fragt sie. "Im Ausland sind die Menschen schon besorgt, wenn die Werte 80 oder 100 Mikrogramm überschreiten. Hier haben wir uns schon daran gewöhnt. Wir haben hier ständig 300 bis 400 Mikrogramm. Das ist für uns ganz normal."
Zehn Millionen Autos fahren in der Stadt Neu Delhi. Hinzu kommen die Fahrzeuge aus den umliegenden Bezirken. Der öffentliche Nahverkehr wird kaum genutzt. Busse sind nahezu leer. Eine Metro gibt es zwar – doch das Netz ist mehr als unvollständig.
Inder seien es eben gewohnt, mit dem Auto zu fahren, meint Taxifahrer Rameish. Seit 31 Jahren navigiert er durch den chaotischen Verkehr. Ein Europäer hier am Steuer hat keine Chance.
Es seien aber nicht nur die Autos, erklärt Ramesh bei der Fahrt über die großen Boulevards. Die Landwirtschaft um Delhi herum mit ihren großen Verbrennungsanlagen, die Kohlekraftwerke und die Schwerindustrien machten einen Großteil der Verschmutzung aus.
Es müsse sich etwas ändern, sagt der dreifache Familienvater. Aber es ändere sich eben nichts. Es werde viel geredet in Indien. Aber wirklich strenge Gesetze hätten kaum eine Chance. Das brauche eben noch Zeit.
Das meint auch die junge Studentin Gidisha. "Die junge Generation ist sich der Problematik bewusst. Es braucht Zeit, um die Lage zu verbessern". Unterdessen schlängelt sich Rameish weiter durch die überfüllten Straßen - bei nur wenigen hundert Metern Sicht am helllichten Tag und eigentlich bei Sonnenschein.
Man hoffe nun auf Regen. "Dann ist wieder alles gut. Und: Beten hilft natürlich", erklärt Ramesh. Jeden Morgen mache er das. So wie auch seine Yoga-Übungen. Das schütze gegen alle Krankheiten.
Simonne Doepgen