Bei der Bundestagswahl in Deutschland sind die Christdemokraten von Kanzlerin Angela Merkel stärkste politische Kraft geworden. Die CDU kommt zusammen mit der Schwesterpartei CSU auf 33 Prozent. Das ist allerdings das schlechteste Ergebnis der Union seit fast 70 Jahren. Auch der bisherige Koalitionspartner SPD muss herbe Verluste hinnehmen und erzielt ein historisch schlechtes Ergebnis von 20,5 Prozent.
Großer Profiteur der Wahl ist die Rechtsaußen-Partei AfD. Sie wird mit fast 13 Prozent drittstärkste Kraft. Damit schafft es erstmals seit dem Zweiten Weltkrieg eine rechtsnationale Partei den Sprung ins Parlament.
Der liberalen FDP gelingt nach vierjähriger Pause der Wiedereinzug in den Bundestag mit 10,7 Prozent. Die Linke und die Grünen erzielten rund neun Prozent. Erstmals seit den 50er Jahren sind im deutschen Bundesparlament wieder sechs Fraktionen vertreten.
Im Hinblick auf eine Regierungsbildung könnte Kanzlerin Merkel ein Bündnis mit der liberalen FDP und den Grünen anstreben. Eine Fortsetzung der Großen Koalition mit der SPD hat Parteichef Martin Schulz ausgeschlossen. Er kündigte an, die Sozialdemokraten würden in die Opposition gehen.
Die CSU kündigte an, sie werde an der Fraktionsgemeinschaft mit der CDU im Bundestag festhalten. Das habe der Parteivorstand am Mittag ohne Gegenstimme beschlossen. Parteichef Horst Seehofer hatte in der Sitzung betont, er halte es nicht für den richtigen Weg, die Fraktionsgemeinschaft aufzukündigen.
Frauke Petry geht nicht in AfD-Fraktion
Die deutsche AfD-Vorsitzende Frauke Petry will der Fraktion ihrer Partei im Bundestag nicht angehören, wie sie mitteilte. Petry verließ nach der Ankündigung eine gemeinsame Pressekonferenz mit den Spitzenkandidaten Alice Weidel und Alexander Gauland in Berlin.
Petrys Co-Vorsitzender Meuthen hatte die Politikerin vor deren Entscheid kritisiert. Dass sich die AfD-Chefin zuletzt öffentlich von den beiden Spitzenkandidaten distanziert habe, sei "wenig hilfreich" gewesen und "nicht hinnehmbar", sagte Meuthen.
Petry will nach eigener Aussage nun als Einzelabgeordnete im Bundestag sitzen. Sie hatte für die AfD in Sachsen ein Direktmandat geholt.
Hunderte AfD-Gegner demonstrieren in Großstädten
In mehreren deutschen Großstädten hatten nach der Wahl Hunderte Menschen gegen die rechtsnationale AfD protestiert. Vor dem Gebäude der AfD-Wahlparty am Alexanderplatz in Berlin versammelten sich rund 1.000 Menschen. Sie versuchten mit lauten Pfiffen die Veranstaltung zu stören.
In Leipzig kamen mehrere Hundert Protestierende zu einer Spontandemo zusammen. Auch in Köln, Hamburg und Frankfurt versammelten sich Menschen zu Anti-AfD-Kundgebungen.
Glückwünsche für Angela Merkel
Politiker und Staatsoberhäupter haben der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel zum Wahlresultat ihrer Partei und zur bevorstehenden vierten Amtszeit gratuliert. Premierminister Charles Michel wünschte Merkel zudem, dass "schnell" und "im Interesse aller Deutschen" eine Koalition gebildet werde.
Frankreichs Präsident Emmanuel Macron schrieb auf Twitter, er habe die Kanzlerin angerufen. Beide würden ihre Zusammenarbeit für Europa und ihre Länder mit Entschiedenheit fortsetzen, so Macron.
Auch EU-Ratspräsident Donald Tusk und EU-Parlamentspräsident Antonio Tajani gratulierten Angela Merkel.
- CDU gewinnt Bundestagswahl – AfD drittstärkste Partei
- Demonstration vor AfD-Wahlparty in Berlin
- Bundestagswahl aus regionaler Sicht
dpa/belga/vrt/jp/est - Bild: Tobias Schwarz/AFP