Ein Jahr nach dem Putschversuch in der Türkei hat Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan ein unnachgiebiges Vorgehen gegen die Putschisten und deren Hintermänner angekündigt. "Sowohl die elenden Putschisten als auch jene, die sie auf uns gehetzt haben, werden von nun an keine Ruhe mehr finden", sagte Erdogan bei einer Ansprache am Sonntagmorgen vor dem Parlament in Ankara. Er bekräftigte zugleich seine Bereitschaft zur Wiedereinführung der Todesstrafe, wofür eine Verfassungsänderung nötig wäre.
Bei einer Gedenkfeier in Istanbul hatte Erdogan kurz zuvor gesagt, er wisse, wer hinter Terrororganisationen wie der Gülen-Bewegung, der kurdischen Arbeiterpartei PKK und der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) stehe. "Diesen Verrätern werden wir zuerst die Köpfe abreißen." Es werde "kein Verräter ungestraft" bleiben. Erdogan macht den in den USA lebenden Prediger Fethullah Gülen für den Putschversuch verantwortlich. Gülen weist das zurück.
Wiedereinführung der Todesstrafe?
Erdogan betonte in Ankara, einem Gesetz zur Wiedereinführung der Todesstrafe würde er sofort zustimmen. "Wenn es ins Parlament kommt - und ich glaube daran, dass es vom Parlament verabschiedet wird - und wenn es vom Parlament verabschiedet wird und zu mir kommt, werde ich das ohne Zögern bewilligen", sagte er. "Und ich persönlich achte nicht darauf, was Hans und George dazu sagen. Ich achte darauf, was Ahmet, Mehmet, Hasan, Hüseyin, Ayse, Fatma und Hatice sagen."
Mit "Hans und George" spielt Erdogan auf EU-Staaten wie Deutschland und Großbritannien an. Die EU hat deutlich gemacht, dass eine Wiedereinführung der Todesstrafe das Ende des Beitrittsprozesses bedeuten würde. Erdogan übte in einer dritten Ansprache nach dem Morgengebet in Ankara scharfe Kritik an der EU, der er vorwarf, die Türkei seit 54 Jahren vor der Türe stehen zu lassen. "Immer noch machen sie sich über uns lustig", sagte Erdogan. "Die Versprechen, die sie gegeben haben, halten sie nicht."
Erdogan kündigte an, dass Untersuchungshäftlinge, die der Beteiligung am Putschversuch beschuldigt werden, künftig Uniformen ähnlich derer der Insassen im US-Gefangenenlager in Guantanamo tragen sollten, wenn sie vor Gericht erscheinen. "Ich sage, ziehen wie denen nun, so wie in Guantanamo, eine spezielle Kleidung an und so sollen sie dann auch vor Gericht erscheinen. Herausgeputzt vor Gericht zu erscheinen, so etwas kann es nicht geben."
50.000 im Gefängnis
Im Zusammenhang mit dem Putschversuch sitzen derzeit mehr als 50.000 Verdächtige in Untersuchungshaft. Rund 150.000 Staatsbedienstete wurden seit dem Putschversuch entlassen oder suspendiert. Erdogan forderte die Bürger dazu auf, mutmaßliche Gülen-Anhänger den Sicherheitskräften zu melden. "Jeder soll sagen, was er weiß", sagte er. "Niemand soll sich davor scheuen, deren Namen zu nennen."
Am Samstag war das Parlament zu einer Sondersitzung zum Gedenken an die Niederschlagung des Putsches zusammengekommen. Oppositionsführer Kemal Kilicdaroglu kritisierte die Regierung dabei scharf. "Die Justiz wurde zerstört", sagte der Chef der kemalistischen CHP. "Statt einer schnellen Normalisierung haben sie einen bleibenden Ausnahmezustand erschaffen."
Ausnahmezustand verlängert
Erdogan kündigte am Sonntagmorgen an, der Ausnahmezustand werde kommende Woche ein viertes Mal verlängert. Er erhob zugleich schwere Vorwürfe gegen Kilicdaroglu, dem er unter anderem vorwarf, gemeinsame Sache mit Putschisten zu machen.
An der nächtlichen Veranstaltung vor dem Parlament in Ankara nahmen die beiden größten Oppositionsparteien - die CHP und die pro-kurdische HDP - nicht teil.
Präsident Erdogan hat sich in der Nacht auf Sonntag mit einer ungewöhnlichen Aktion an die türkische Bevölkerung gewandt: Wer ein Handy angerufen hat, bekam eine aufgezeichnete Glückwunsch-Nachricht vom Präsidenten zum Jahrestag des niedergeschlagenen Putsches zu hören. Der Chef der türkischen Telekommunikationsbehörde bestätigte die Echtheit der Regierungsaktion.
Vor dem Aufbau der Verbindung sagt die Stimme Erdogans: "Als Ihr Präsident gratuliere ich Ihnen am 15. Juli zum Tag der Demokratie und der Nationalen Einheit. Möge Gott Erbarmen mit unseren Märtyrern haben. Ich wünsche unseren Veteranen Gesundheit und Wohlbefinden."
dpa/sh/est - Turkish Presidential Press Service/AFP
Ein Volk,ein Reich,ein Führer,eine Todesstrafe -warum kommt mir alles so ungut ,aber bekannt vor??
Dieser Sultan wird eine riesigen Trümmerhaufen hinterlassen,politisch,aber auch wirtschaftlich.
Ausbaden wird es Mustafa Normaltuerke,seine Frau und seine Kinder.
Dieses großartige Land hat anderes verdient!
Sie haben Recht Herr Seifert. Das Dumme ist nur, dass mindestens 50% der "Mustafa Normaltürken" ihrem Sultan die Füße küssen und offensichtlich nicht erkennen, in welches Land Erdogan dabei ist, die Türkei umzuformen und mit welchen Folgen. Wenn sie es erkannt haben, wird es möglicherweise zu spät sein.
Lieber Herr Leonhard,
dieses Geschehen ist doch ein Abklatsch dessen,was sich 1933ff. in Deutschland ereignete. Auch da haben naive Anhänger ihren Führer vergoettert,leider bis zum uebelsten Ende. Ein gleiches Schicksal befürchte ich auch für die Türkei, hoffentlich ohne jedwede kriegerische Aktionen.
Was hier stattfindet, ist nichts anderes als ein Machtkampf, wie es ihn schon des öfteren in der Geschichte gegeben hat. Historische Beispiele sind Robbespierre-Danton, Stalin-Trotzki, Hitler-Roehm, etc. Und es gut möglich, dass die Guelen-Bewegung den Putsch organisiert hat, im Rahmen eines Machtkampfes. Ich glaube nicht, dass Erdogan zur Zeit irgendwelche Eroberungsplaene hat. Denn sonst würden nicht soviele Militärs entlassen (was schon zu einer Schwächung der Armee geführt hat und auch von der NATO beklagt würde). Wird sich in nächster Zeit mit der Stabilisierung der Macht im Inneren beschäftigen. Wird schlussendlich in einer absolutistischen Diktatur enden, die auch am liebsten die Gedanken kontrollieren möchte.
Im Zuge seiner Säuberungsaktion nach dem gescheiterten Putschversuch vor einem Jahr schreckt Erdogan offenbar vor nichts zurück.
Rund 50.000 Menschen wurden als vermeintliche Putchisten und Terroristen in der Türkei verhaftet, 150.000 aus dem Staatsdienst entlassen. 150 Journalisten sitzen in der Türkei im Gefängnis.
Wie jetzt bekannt wurde wurde am 5. Juli ein deutscher Menschenrechtler, der in Instanbul einem Workshop begleitete, in dem es u.a. um den gewaltfreien Umgang in Konflikten ging mit Kollegen von Amnesty International verhaftet und von Erdogan, wie bei dem deutsch-türkischen Journalisten Deniz Yücel, öffentlicht als Terroristen vorverurteilt.
Die Appeasement-Politik der deutschen Bundesregierung und der EU scheint den türkischen Despoten in seinem Rundumschlag gegen Demokratie, Menschenrechte, Pressefreiheit und freie Meinungsäußerung nur weiter zu beflügeln. Die rote Linie sei für die EU bei der Einführung der Todesstrafe überschritten hieß es aus Brüssel!
Erdogan ist schon lange von allen guten Geistern verlassen und die Welt schaut zu.
Was der "deutsch"- Türke Deniz Yücel über Deutschland denkt, können Sie Herr Leonard gern im Internet nachlesen.Dem trauern in Deutschland die wenigsten nach!
Zu den anderen Aussagen bemerke ich nur an:anderer Kulturkreis andere Religion!
Da kann ein aufgeklärter Westeuropäer nichts verstehen und nichts dazu sagen!
Ein auggeklärter Westeuropäer wird wissen, das jeder der einen Deutschen Pass hat, Deutscher ist.
Man muss die Menschen ja nicht nur nach ihrer Religion beurteilen, sonder könne ja auch die Haar- oder Augenfarbe als ein bedeutendes Merkmale ansehen.
@M.Meis
Es geht nicht darum, was Herr Yücel über Deutschland denkt, sondern, warum er in der Türkei inhaftiert wurde. Die Bundesregierung unterstützt übrigens eine Klage vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte gegen die Inhaftierung von Yücel.
Dass ein aufgeklärte Westeuropäer nichts zu dem sagen kann (sollte?) was sich in der Türkei abspielt, ist eine fragwürdige These.
Die Türkei ist Nato-Mitglied und auf ihrem Gebiet Nato-Einheiten stationiert. Die Türkei fordert Visa-Erleichterungen für ihre Staatsangehörigen und strebt eine EU-Mitgliedschaft an. Millionen Europäer machen Urlaub in der Türkei. Wahrscheinlich bedarf es der Inhaftierung eines Urlaubers, der am Strand von Antalya das falsche Buch ließt, damit auch sie verstehen, dass es universelle Menschenrechte gibt, die auch für die Türkei gelten.