Mit einem historischen Trauerakt hat Europa Abschied von einem seiner bedeutendsten Staatsmänner genommen und dessen visionäres Vermächtnis gewürdigt. Im Plenarsaal war Kohls Sarg aufgebahrt.
In seiner Trauerrede nannte EU-Parlamentspräsident Antonio Tajani Helmut Kohl einen mutigen Mann, der die Grundwerte der Union in vielen Schlachten verteidigt habe.
Kommissionschef Jean-Claude Juncker sagte, Kohl sei ein deutscher und ein europäischer Patriot gewesen. Zwischen beidem habe es für ihn keinen Widerspruch gegeben.
EU-Ratspräsident Donald Tusk hat den früheren deutschen Kanzler Helmut Kohl als Wegbereiter der europäischen Einigung im Westen und Osten des lange geteilten Kontinents gewürdigt. Kohl habe sich zudem "große Verdienste beim Versöhnungswerk mit Polen" erworben. Er habe "verstanden, dass die ersten, die der Berliner Mauer Risse beigebracht haben, die Werftarbeiter von Danzig waren", betonte der selbst aus Danzig stammende Pole Tusk. Damit erinnerte er an die Verdienste der Gewerkschaftsbewegung Solidarnosc für die demokratische Entwicklung Ost- und Mitteleuropas.
Russlands Ministerpräsident Dmitri Medwedew hat an die engen Beziehungen Helmut Kohls zu seinem Land erinnert. Für den Altkanzler sei Russland Bestandteil eines vereinten Europas gewesen, sagte Medwedew beim Europäischen Trauerakt am Samstag in Straßburg, wo er als Privatperson sprach.
Erstmals wurde für einen Politiker ein solcher europäischer Trauerakt ausgerichtet. Einen deutschen Staatsakt für Kohl wird es dagegen nicht geben. Der mit einer Europaflagge bedeckte Sarg des Altkanzlers war am Morgen aus Kohls Haus in Ludwigshafen-Oggersheim getragen worden. Anschließend machte sich ein Fahrzeugkonvoi auf den Weg nach Straßburg. Am Abend wird der frühere Kanzler nach einem Requiem im Speyerer Dom beerdigt. Kohl war 16 Jahre lang Bundeskanzler, 25 Jahre lang CDU-Vorsitzender und "Ehrenbürger Europas".
Am Nachmittag soll ein Hubschrauber den Sarg nach Ludwigshafen zurückbringen. Im Dom zu Speyer hält der katholische Bischof Karl-Heinz Wiesemann die Totenmesse (18:00). Rund 1.500 geladene Gäste werden dazu erwartet. Nach einem militärischen Ehrenzeremoniell der Bundeswehr soll Kohl dann (20:30) auf einem nahen Friedhof in Speyer im Freundes- und Familienkreis beigesetzt werden. Er wird damit nicht im Familiengrab in Ludwigshafen bestattet.
Ein Großaufgebot der Polizei mit mehr als 1.000 Beamten sichert die Trauerfeierlichkeiten. Die Beisetzung dürfte zu den größten Beerdigungen in der deutschen Nachkriegsgeschichte zählen, Tausende Menschen werden dazu allein in Speyer erwartet.
Kohl war vor zwei Wochen im Alter von 87 Jahren gestorben.
dpa/fs/jp/sr - Bilder: Patrick Hertzog/AFP