Die Süddeutsche Zeitung widmete am Samstag gleich drei Seiten ihrer Ausgabe den Informationen, die sie zum Freihandelsabkommen zwischen der EU und Japan bekommen hatte. Greenpeace hatte Verhandlungsunterlagen veröffentlicht, gegen den Willen der Verhandlungspartner. Ein sogenannter Leak also. Und was gibt es da zu lesen?
Nichts Gutes, will man den Informationen der Süddeutschen glauben. Für die Verbraucher interessant: Das Vorsorgeprinzip kommt bislang im Vertrag kaum vor. Hormonbehandeltes Fleisch oder genetisch veränderte Lebensmittel könnten auf diese Weise auf den europäischen Markt kommen, ohne Versicherung, dass sie nicht gefährlich für die Gesundheit sind.
Wirtschaftsinteressen sollen grundsätzlich Vorrang vor Verbraucherinteressen haben. Japan beharre auf starke Rechte für Investoren. Es soll private Schiedsgerichte geben, anstelle eines Investitionsgerichtshofs, den die EU im Abkommen mit Kanada durchgesetzt hatte. Allgemein, so Greenpeace und Süddeutsche, blieben die Vereinbarungen mit Japan hinter den Errungenschaften aus dem Kanada-EU-Vertrag zurück.
Falsch, sagte dazu EU-Kommissarin Cecilia Malmström am Montag. Alle Vorwürfe, die Greenpeace erhebe, entbehren jeglicher Grundlage. Das ist ein Sturm im Wasserglas, sagte Malmström. Und dann fügte die Kommissarin einen Satz hinzu, der aufhorchen ließ: Viele Dinge, die Greenpeace behauptet, würden gar nicht verhandelt.
Und genau das ist gerade einer der Vorwürfe, den zumindest die Süddeutsche der Kommission macht. Viele Dinge würden eben gar nicht angesprochen in dem Vertragstext mit Japan. Das öffne Tür und Tor für Praktiken, die nachteilig für Europäer sein und außerdem hinter europäischen Standards zurückfallen könnten.
Bedenklich findet das nicht nur die Zeitung. Am Montag berichtet sie über Reaktionen auf die Enthüllungen. Zumindest in Deutschland scheinen sich jetzt die Stimmen zu mehren, die skeptisch gegenüber dem Freihandelsabkommen mit Japan sind.
Dabei beklagen viele auch die wieder einmal fehlende Transparenz. Im Zusammenhang mit den Freihandelsabkommen mit Kanada (Ceta) und den USA (TTIP) wurde diese fehlende Transparenz ja sehr stark kritisiert. Malmström versprach Besserung. Aber da stößt auch die Kommissarin an ihre Kompetenzgrenzen. Denn sowohl einige EU-Mitgliedstaaten als auch Verhandlungspartner Japan waren dagegen. Auch das trägt eher dazu bei, Misstrauen zu schüren, als Vertrauen aufzubauen.
Wie geht es jetzt weiter mit dem Vertrag? Als Zeichen gegen Donald Trump wollten die EU und Japan ihre Übereinkunft auf dem G-20-Gipfel in Hamburg sehen. Trump ist ja kein großer Freund von internationalen Handelsverträgen. Die EU-Japan-Botschaft sollte lauten: "Wir lassen uns dadurch nicht aufhalten und gehen unseren Weg weiter."
Doch vom G-20 Gipfel sprach Malmström am Montag nicht mehr. Sie sagte: Ihr Chef-Unterhändler sei zurzeit in Tokio und solle dort solange bleiben, wie nötig. Man sei in einer sehr intensiven Verhandlungsphase. Sie hoffe, dass diese Verhandlungen bald abgeschlossen werden könnten. Ein Datum nannte Malmström nicht.
Kay Wagner - Bild: Emmanuel Dunand/AFP