Der türkische Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan hat nach knapp drei Jahren wieder den Vorsitz der Regierungspartei AKP übernommen und seine Machtbasis damit ausgebaut. Als einziger Kandidat für den Vorsitz kam Erdogan am Sonntag bei einem Sonderparteitag in der Hauptstadt Ankara auf mehr als 96 Prozent der Delegiertenstimmen, wie die AKP mitteilte. Die Übernahme dieses Amtes wurde durch Erdogans Sieg beim Referendum zur Einführung eines Präsidialsystems vor fünf Wochen möglich. Damit wurde das Verbot für den Präsidenten gekippt, einer Partei anzugehören.
Erdogan hatte 2001 zu den Mitbegründern der AKP gehört und die islamisch-konservative Partei bis zum August 2014 geführt. Nach seiner Wahl zum Staatspräsidenten hatte er nach den damals gültigen Vorgaben der Verfassung aus der Partei austreten müssen. Mit der Übernahme des Chefpostens stärkt Erdogan seinen Einfluss auf die Auswahl von Kandidaten der AKP und auf deren Abgeordnete.
Erdogan übte auf dem Parteitag Kritik an der EU, bekräftigte aber seinen Willen, den Beitrittsprozess fortzusetzen. Dieser Prozess sei "wegen der heuchlerischen Haltung der Union in einer Sackgasse gelandet", sagte er. "Dass man uns Bedingungen aufzwingt, die von keinem einzigen Kandidatenland gefordert wurden, und dass man für uns Regeln eingeführt hat, die für kein Kandidatenland angewandt wurden, zeigt offen die eigentliche Absicht."
Erdogan fügte hinzu: "Trotz allem ziehen wir es vor, unseren Weg gemeinsam mit der Europäischen Union zu beschreiten. Die Europäische Union ist es, die hier eine Entscheidung treffen muss." Von einem von ihm zuvor mehrfach ins Spiel gebrachten Referendum über einen Abbruch der Beitrittsverhandlungen sprach Erdogan am Sonntag nicht. Er betonte aber, es gebe für die Türkei Alternativen zur EU. Am Donnerstag kommt Erdogan in Brüssel mit den EU-Spitzen zusammen.
dpa/est - Foto: Adem Altan/AFP