Wie die amtliche Wahlkommission am Sonntagabend mitteilte, haben gut 51 Prozent für die umstrittene Vorlage gestimmt und damit für eine deutlich größere Machtfülle des Präsidenten. Er übernimmt künftig auch die Regierungsgeschäfte, während die Rechte des Parlaments beschnitten werden. Erdogan kündigte noch am Sonntagabend an, er werde als nächstes die Wiedereinführung der Todesstrafe auf den Weg bringen.
Der österreichische Außenminister Kurz hat das Ergebnis des Referendums in der Türkei als klares Signal gegen die Europäische Union bezeichnet. EU- Spitzenpolitiker reagierten verhalten auf das Ergebnis des Referendums. In einer gemeinsamen Erklärung von Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker, der Außenbeauftragten Fedrica Mogherini und Erweiterungskommissar Johannes Hahn heißt es, im Fokus stünden mögliche Unregelmäßigkeiten.
Die Opposition in der Türkei will den Ausgang des Referendums anfechten. Die Mitte-Links-Partei CHP bemängelt Verstöße gegen das Wahlgesetz, die pro-kurdische HDP kündigte an, sie werde offiziell Beschwerde gegen das Ergebnis von zwei Dritteln der Wahlurnen einlegen.
Nach dem Referendum werden in Deutschland die Forderungen nach einem Ende der EU-Beitrittsverhandlungen mit der Türkei lauter. CSU-Vize Manfred Weber sagte dem ZDF, die Vollmitgliedschaft der Türkei könne kein Ziel mehr sein. CDU-Vizechefin Julia Klöckner erklärte, die Tür zu einem türkischen EU-Beitritt sei nun endgültig zu. Ähnlich äußerten sich Politiker von der Linken, den Grünen und der FDP. Die Bundesregierung reagierte dagegen zurückhaltend.
Nach dem knappen Sieg von Staatschef Recep Tayyip Erdogan beim Referendum in der Türkei soll der Ausnahmezustand erneut verlängert werden. Die Sender CNN Türk und NTV meldeten, noch heute sollen dafür der Sicherheitsrat und dann das Kabinett zusammenkommen, die beide unter dem Vorsitz Erdogans tagen.
Am Dienstag ist die nächste Sitzung des Parlaments geplant, das der Verlängerung zustimmen muss. Mit der Mehrheit von Erdogans AKP im Parlament gilt eine Zustimmung als sicher.
Erdogan hatte den Ausnahmezustand nach dem Putschversuch in der Türkei im Juli vergangenen Jahres ausgerufen. Er wurde seitdem zwei Mal verlängert und würde in der Nacht zu Mittwoch auslaufen.
Belgo-Türken mit weltweit höchster Erdogan-Zustimmung
Nirgendwo in Europa war die Zustimmung zu dem Erdogan-Referendum höher als in Belgien. Etwa 77 Prozent der in Belgien lebenden Türken, die bei dem Referendum abgestimmt haben, stimmten einer Ausweitung der Befugnisse des türkischen Präsidenten zu. Mit diesem Wert steht Belgien in puncto Ja-Stimmen weltweit an der Spitze, noch vor dem Libanon und Jordanien. In den Niederlanden lag die Quote der "Ja-Sager" bei 70 Prozent, in Frankreich bei 65 und in Deutschland bei 63 Prozent.
Eine deutliche Schlappe erhielt das Erdogan-Lager bei den Auslandstürken in Großbritannien, Spanien und in den USA. ähnlich groß war die Ablehnung auch in Russland und China.
Flämische Politiker erwärmen sich für Einschränkung der Doppelt-Staatsbürgerschaft
dpa/vrt/rkr - Bild: Bulent Kilic/AFP