Es sind wieder Bilder, wie man sie noch aus den Irak-Kriegen kennt. Ein Schiff, irgendwo im Mittelmeer, das im Dunkel der Nacht Marschflugkörper abschießt. Am Ende waren es 59 Tomahawk-Raketen, die kurz vor 4:00 Uhr belgischer Zeit Richtung Syrien starteten. Ihr Ziel: der syrische Luftwaffenstützpunkt al-Schairat. Dort sollen die Flugzeuge stationiert sein, die am Dienstag den verheerenden Giftgasangriff geflogen haben, begründete US-Präsident Donald Trump seien Angriffsbefehl.
Der Giftgasangriff hatte ja ein Dorf in der Provinz Idlib bei Aleppo getroffen. Dabei waren mindestens 84 Menschen getötet und über 500 weitere verletzt worden. Unschuldige Zivilisten seien es gewesen, die da einen langsamen Tod erleiden mussten, sagte Trump. Darunter auch hübsche Babies. Der Angriff auf den Luftwaffenstützpunkt diene der Wahrung der amerikanischen Sicherheitsinteressen, sagte Trump, insofern als es gelte, die Verbreitung und den Einsatz von tödlichen, chemischen Waffen zu verhindern.
"Nachvollziehbar"
Und es sei beileibe nicht die erste Giftgas-Attacke des Assad-Regimes gewesen, sagte Außenminister Didier Reynders. Insofern sei der US-Angriff nachvollziehbar. Überraschend sei der im Übrigen auch nicht, US-Präsident Donald Trump habe schließlich eine unilaterale Politik angekündigt.
"Nachvollziehbar", dieses Wort hörte man so ein bisschen überall bei den westlichen Verbündeten der USA. Etwa auch aus dem Mund der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel. "Dieser Angriff der Vereinigten Staaten von Amerika ist angesichts der Dimension der Kriegsverbrechen, angesichts des Leids der unschuldigen Menschen und angesichts der Blockade im UN-Sicherheitsrat nachvollziehbar", so Merkel.
Ähnliche Worte auch von EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker oder auch dem NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg, die allesamt den Einsatz von Chemiewaffen noch einmal aufs Schärfste verurteilten. "So etwas dürfe nicht unbeantwortet bleiben", sagt Stoltenberg in einem Kommuniqué. Der US-Raketenangriff, das war nicht mehr und nicht weniger als die Antwort auf das Kriegsverbrechen vom Dienstag, erklärte auch der französische Präsident François Hollande.
Allerdings ist man sich in Europa auch darüber einig, dass es dabei jetzt nicht bleiben darf. "Wir sollten jegliche weitere Eskalation vermeiden", mahnte etwa Außenminister Didier Reynders. "Wir müssen jetzt insbesondere im Rahmen der Vereinten Nationen nach einer politischen Lösung suchen, wohlwissend, dass Baschar al-Assad nicht Teil dieser Lösung sein kann." Europa müsse bei dieser Suche nach einer politischen Lösung eine aktive Rolle spielen, erklärte auch die Sprecherin von EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker.
Schwerer Schaden für russisch-amerikanischen Beziehungen
Aus Russland hört man da allerdings ganz andere Töne. Die Führung in Moskau reagierte empört auf den Raketenangriff auf den syrischen Stützpunkt. Die Attacke sei eine Aggression gegen einen souveränen Staat und damit ein Verstoß gegen das Völkerrecht - und das alles unter einem erfundenen Vorwand, sagte ein Kremlsprecher. Der Schritt Washingtons füge den russisch-amerikanischen Beziehungen in jedem Fall einen schweren Schaden zu. Russland zählt ja zu den engsten Verbündeten des Regimes in Damaskus.
Russland verlangte umgehend die Einberufung einer Sondersitzung des UN-Sicherheitsrats. Das Gremium ist tatsächlich auch am Freitagabend zusammenkommen. Och, im Grunde bitten wir nur darum, sagte Außenminister Reynders sinngemäß. Es sei nämlich wichtig, dass die Hintergründe der Giftgasattacke in Syrien erstmal lückenlos aufgeklärt werden, damit die Schuldigen auch verurteilt werden können. Diese Forderung richtet sich aber in erster Linie an Russland, das ja - zwischen Klammern - eine UN-Untersuchung bislang abgelehnt hat. Und danach, so sagt Reynders, erst danach reden wir über andere Aspekte.
Roger Pint - Bild: Jewel Samad/AFP