Die rot-grüne Landesregierung in Nordrhein-Westfalen will verhindern, dass nach dem türkischen Ministerpräsidenten Yildirim auch Staatspräsident Erdogan in Deutschland Wahlkampf macht. Wegen der Größe der türkisch-stämmigen Gemeinde sei damit zu rechnen, dass Erdogan einen Auftritt in NRW plane. Das sagte NRW-Integrationsminister Rainer Schmeltzer dem "Kölner Stadt-Anzeiger".
Yildirim hatte nach seinem Auftritt am Samstag in Oberhausen angekündigt, auch Erdogan wolle in der EU für die Einführung des umstrittenen Präsidialsystems im März oder April werben. Schmeltzer sagte, man wolle "in NRW keine solchen Veranstaltungen, die den Keil der Spaltung weiter in unsere Gesellschaft treiben. Wir sehen das mit großer Sorge, aber rechtlich sind uns die Hände gebunden." Diplomatisch sei hier zunächst die Bundesregierung gefordert.
Yildirim hatte am Sonntag vor Journalisten in München gesagt: "Unser Staatspräsident beabsichtigt ebenfalls, zu den türkischen Bürgern in Europa zu sprechen." In welcher Stadt, sei noch nicht klar. "Aber es laufen Vorbereitungen."
Erdogan hatte 2008 und 2014 vor tausenden Anhängern Wahlkampfauftritte in der Kölner Lanxess-Arena. NRW-Integrationsminister Schmeltzer betonte, die Landesregierung habe mit Veranstaltungen wie der am Samstag "arge Bauchschmerzen". Zugleich betonte er, die Meinungs- und Versammlungsfreiheit müsse eingehalten werden. "Deshalb konnten wir als Landesregierung das Werben von Herrn Yildirim als Privatperson für die mögliche Verfassungsänderung in der Türkei nicht untersagen."
Mit der geplanten Verfassungsreform für ein Präsidialsystem soll die Macht Erdogans weiter gestärkt werden. Nach dem Putschversuch vom Juli 2016 war in dem Land ein inzwischen zweimal verlängerter Ausnahmezustand verhängt worden. Zehntausende Türken wurden aus dem Staatsdienst entlassen und zahlreiche Medien geschlossen.
dpa/sh/est - Foto: Greg Baker/AFP