Verbraucher können auf Reisen in Europa bald auf ihre Filme oder Videospiele uneingeschränkt zugreifen. Darauf haben sich Vertreter des Europaparlaments, der EU-Staaten und der EU-Kommission am Dienstagabend geeinigt. "Wer zu Hause seine Lieblingsserien, Musik und Sportereignisse abonniert hat, wird diese nun auch auf Reisen in Europa anschauen und anhören können", sagte der zuständige EU-Kommissar Andrus Ansip. Für frei verfügbare Inhalte gelten die neuen Regeln indes nicht.
Relevant ist dabei das Angebot im Heimatland. Wer ein Abonnement etwa für Netflix oder Spotify hat, soll künftig im EU-Ausland die gleiche Auswahl an Filmen oder Musik haben wie daheim - wenn es der Anbieter möglich macht, sogar noch etwas mehr. Um das Wohnsitzland eines Kunden festzustellen, sollen sich die Anbieter zum Beispiel auf die Angaben beim Vertragsabschluss oder Zahlungsdaten stützen können. Zusatzgebühren für den Abruf im Ausland darf es nicht geben. Nach der noch ausstehenden formellen Einigung der Staaten und des Europaparlaments sollen die neuen Bestimmungen ab Anfang 2018 gelten.
Der Bezahlsender Sky reagierte positiv. "Wir freuen uns, dass unsere Kunden - aus all unseren Märkten - ihre Inhalte über unsere mobilen TV-Plattformen zukünftig überall in Europa ansehen können", erklärte ein Sprecher auf Anfrage. Die Video-Sparte von Amazon in Europa war nach eigenen Angaben "von jeher ein starker Verfechter dieser Änderung". Sie komme direkt den Kunden zu Gute, betonte Jay Marine, Vizepräsident von Amazon Video Europa.
Bislang wurde ein grenzüberschreitender Zugriff oftmals wegen des urheberrechtlichen Schutzes durch sogenanntes Geoblocking verhindert. So konnten zum Beispiel Abo-Kunden von Videodiensten ihre zu Hause bezahlten Inhalte im Urlaub in vielen Fällen nicht nutzen.
Die Anbieter müssen unter dem neuen System nach Angaben von EU-Mitarbeitern keine Urheberrechte für weitere Gebiete erwerben, weil die Auslandsaufenthalte ihrer Kunden nur vorübergehend sind. Eine exakte zeitliche Begrenzung für die Zeit im Ausland gibt es nicht, Netflix und Co. können die Informationen ihrer Kunden aber überprüfen, wenn sie Missbrauch vermuten.
Die neuen Regeln gelten für Bezahlinhalte. Ob Anbieter im Inland frei verfügbare Inhalte auch in anderen EU-Staaten zugänglich machen, bleibt ihnen selbst überlassen. Auch hier stehen bislang aber Urheberrechtsprobleme im Weg. Zu einer nahezu völligen Abschaffung des Geoblocking, wie einst von Ansip angekündigt, kommt es auch mit der Neuregelung nicht.
dpa/fs - Illustrationsbild: Benoit Doppagne/BELGA