Bei der größten Evakuierungsaktion in Deutschland wegen einer Fliegerbombe seit Ende des Zweiten Weltkriegs ist es am Sonntag in Augsburg zu Verzögerungen gekommen. Obwohl zunächst alles nach Plan lief, dauerte die Räumung des Sperrgebiets von eineinhalb Kilometern um die Bombe etwa eine Stunde länger als geplant.
Erst gegen 15 Uhr konnten die zwei Spezialisten eines Kampfmittel-Räumkommandos mit der Arbeit beginnen. Es wurde nicht ausgeschlossen, dass die Entschärfung mehrere Stunden dauert.
Bis 10 Uhr mussten 54.000 Augsburger am ersten Weihnachtsfeiertag ihre Wohnungen in der Innenstadt verlassen haben. Danach kontrollierten Tausende Polizisten und Feuerwehrleute, ob die Sicherheitszone geräumt ist. Sie klingelten an den Häusern und fuhren mit Lautsprecherwagen durch die Straßen.
Wer zu dieser Zeit noch unterwegs war, wurde aus dem Gefahrenbereich gebracht. Vereinzelt gab es Menschen, die sich weigerten, zu gehen. "Den einen oder anderen mussten wir positiv beeinflussen, um die Bewohner zum Verlassen des Schutzbereichs zu bewegen", sagte ein Polizeisprecher.
Weil sich viele gehbehinderte Menschen erst kurzfristig bei den Behörden meldeten und um Krankentransporte baten, kam es bei der Räumung der Sicherheitszone zu Verzögerungen. Die Stadt habe mit etwa 400 Fahrten gerechnet, letztlich seien es 560 geworden, berichtete Oberbürgermeister Kurt Gribl.
1,8 Tonnen schwere Bombe
Die Entschärfung der am Dienstag in der Innenstadt bei Bauarbeiten gefundenen 1,8 Tonnen schweren Bombe konnte erst danach beginnen. Zu diesem Zeitpunkt waren nur noch die beiden Experten des Kampfmittelräumdienstes in dem mehrere Quadratkilometer großen Gebiet. "Die Männer, die die Bombe entschärfen werden, sind gut drauf", sagte zuvor Andreas Heil vom Spezialunternehmen Tauber aus Würzburg.
Etwa 4.000 Helfer vom Bayerischen Roten Kreuz, Feuerwehren und Bereitschaftspolizisten aus ganz Bayern waren für den Einsatz nach Augsburg gekommen. Einige waren dazu am ersten Weihnachtsfeiertag schon kurz nach Mitternacht in ihren Heimatorten losgefahren. Nur relativ wenige Menschen waren am Vormittag in Augsburg in dem Gebiet um den Blindgänger unterwegs.
Die meisten Betroffenen hatten offenbar bereits an Heiligabend ihr Heim verlassen und waren zu Freunden oder Verwandten gefahren. Darauf hatte die Einsatzleitung im Vorfeld gehofft und es den Bürgern auch empfohlen. In die sechs Notunterkünfte der Stadt kamen nur rund 1000 Menschen. Ein Krankenhaus und mehrere Altenheime waren bereits seit Freitag geräumt worden.
Die Entschärfung wurde von der Stadt gezielt auf den Weihnachtsfeiertag gelegt, weil eine Räumung eines so großen Gebietes an einem Werktag nach Angaben der Verantwortlichen nicht zu bewerkstelligen gewesen wäre. Zahlreiche Fabriken und Büros hätten dann ebenfalls geschlossen werden müssen. Darüber hinaus sollte die gefährliche Bombe nicht eine weitere Woche in der Stadt herumliegen.
In Augsburg werden immer wieder Fliegerbomben entdeckt, darunter war allerdings noch nie eine so große Bombe. Die Region Augsburg war als wichtiger Stadtort der Flugzeugindustrie ein Rüstungszentrum der Nazis, die Stadt wurde im Zweiten Weltkrieg mehrfach von den Alliierten bombardiert. Die bislang bundesweit größte Evakuierung wegen einer Fliegerbombe gab es im Jahr 2011 in Koblenz, dort waren 45.000 Einwohner betroffen.
dpa/km - Bild: Tobias Hase/DPA