US-Präsident Barack Obama hat am Freitag den russischen Präsidenten Wladimir Putin persönlich für die Hackerangriffe während des US-Wahlkampfs verantwortlich gemacht - zumindest indirekt.
Nach Erkenntnissen der Geheimdienste stecke Russland hinter den Cyberattacken gegen die Demokratische Partei, sagte Obama am Freitag auf seiner Pressekonferenz zum Jahresende in Washington. Er könne bestätigen, dass "oberste Stellen" der Regierung darin verwickelt seien, und es gebe wenig, was in Russland ohne Wladimir Putin geschehe. "Ich lasse Sie selbst Ihr Urteil darüber bilden, ob es hochrangige russische Offizielle gibt, die auf eigene Faust handeln und beschließen, den US-Wahlprozess zu beeinflussen, ohne dass Wladimir Putin davon weiß."
Erneut kündigte Obama Vergeltungsmaßnahmen an, "einige werden wir öffentlich vollziehen, einige so, dass sie (Russland) davon wissen, aber nicht jeder andere". Bereits zuvor hatte er in einem Interview des Senders NPR erklärt, wenn eine ausländische Regierung versuche, den Wahlkampf zu manipulieren, müssten die USA handeln. "Und das werden wir - zu einer Zeit und an einem Ort unserer Wahl."
Obama teilte auf der Pressekonferenz mit, er habe Putin im September am Rande des G20-Gipfels in China persönlich aufgefordert, die Angriffe einzustellen. Er habe ihm gesagt, dass es andernfalls sehr ernste Konsequenzen geben werde.
Die verschärften Töne stehen im krassen Widerspruch zur Haltung Trumps, der bisher geheimdienstliche Erkenntnisse über Russlands Rolle bei den Hackerangriffen stark bezweifelt hat - und erst Recht Versuche einer gezielten Wahlbeeinflussung zu seinen eigenen Gunsten. Das sei "lächerlich", sagte er erst kürzlich und verwies darauf, dass auch das Bundeskriminalamt FBI die Einschätzung des Geheimdienstes CIA nicht teile.
Diesem Argument wurde aber am Freitag der Boden entzogen: Nach einem Bericht der "Washington Post" stützen sowohl FBI-Direktor James Comey als auch der nationale Geheimdienstdirektor James Clapper - der Chefkoordinator aller US-Spionagebehörden - die CIA-Erkenntnisse. Das habe CIA-Chef John Brennan seinen Mitarbeitern mitgeteilt.
Trump hatte im Wahlkampf und nach seinem Wahlsieg wiederholt klargemacht, dass er die Beziehungen zu Russland verbessern will. Ein offener Konflikt mit Moskau wegen Wahlbeeinflussung käme ihm daher nicht gelegen. Die Manipulationsvorwürfe könnten zudem auch seine Legitimation als Präsident untergraben.
Obama sagte, er hoffe, dass sein Nachfolger die Besorgnis über die Einflussnahme eines fremden Landes teile. Er selbst habe sich mit noch deutlicheren Hinweisen vor der Wahl zurückgehalten, um sich nicht dem Vorwurf auszusetzen, seinerseits Einfluss auf den Wahlgang am 8. November nehmen zu wollen. "Russland kann uns nicht ändern. Es ist ein kleineres Land, es ist ein schwächeres Land. Die Wirtschaft produziert nichts, was irgendjemand kaufen möchte", sagte der scheidende Präsident. "Aber Russland kann uns beeinflussen, wenn wir vergessen, wer wir sind. Wenn wir uns von unseren Werten verabschieden."
Man müsse sich fragen, in welchem Zustand das politische System sei, wenn eine so wichtige Wahl von solchen Cyberangriffen dermaßen beeinflussbar sei, sagte Obama weiter und griff in diesem Zusammenhang die Medien an. Das Thema der gehackten Daten habe die Berichterstattung vor der Wahl dominiert, sagte er den Pressevertretern. "Ihr habt über alles berichtet. Es war wie eine Obsession." Die demokratische Bewerberin Hillary Clinton sei nicht fair behandelt worden.
Clinton selbst bewertete in ihrer ersten Äußerung zu diesem Thema die angeblichen russischen Versuche als Angriff auf die Vereinigten Staaten. "Das war nicht nur eine Attacke gegen mich und meinen Wahlkampf", sagte Clinton nach Angaben der "New York Times" bei einer Veranstaltung in New York. Putin habe sich mit den Angriffen aber persönlich an ihr rächen wollen. Russland versuche darüber hinaus, mit seinen Cyberangriffen auf Einrichtungen der US-Demokraten die Demokratie an sich und die Sicherheit des Landes zu unterminieren.
dpa/rkr - Bild: Zach Gibson (afp)