Das Referendum in Italien über eine historische Verfassungsreform und damit das Schicksal der Regierung ist angelaufen. Ministerpräsident Matteo Renzi hat seinen Rücktritt für den Fall in Aussicht gestellt, dass die Gegner gewinnen sollten. Der Ausgang war bis zuletzt ungewiss. Gewinnen die Reformgegner, werden eine Regierungskrise und Turbulenzen an den Finanzmärkten befürchtet.
Die Wahllokale für die knapp 47 Millionen Stimmberechtigten öffneten am Sonntagmorgen. Bis 23:00 Uhr können die Menschen zwischen "Sì" und "No" entscheiden. Danach werden erste Prognosen erwartet. Das Ergebnis dürfte in der Nacht zu Montag bekanntgegeben werden. Die Briefwahl ist bereits beendet.
Ende der ständigen Regierungskrisen?
Nach den Plänen der sozialdemokratischen Regierung soll bei der weitreichendsten Reform seit dem Zweiten Weltkrieg unter anderem der Senat entmachtet werden, damit Gesetzesvorhaben künftig nicht mehr so leicht blockiert werden können. Mit den ständigen Regierungskrisen in Italien soll damit dann auch Schluss sein. Gegner befürchten jedoch einen Demokratieverlust.
In letzten Umfragen - die nur bis zu zwei Wochen vor der Abstimmung veröffentlicht werden dürfen - lagen die Gegner der Reform sieben bis zehn Prozentpunkte vorne. Viele Menschen waren zum Zeitpunkt der Befragung aber noch unentschieden.
Opposition hat gegen Renzi mobil gemacht
Die euro-kritische Fünf-Sterne-Bewegung um ihren Anführer Beppe Grillo, die rechtspopulistische Lega Nord und die konservative Partei Forza Italia von Ex-Regierungschef Silvio Berlusconi hatten alle gegen die Reform mobil gemacht. Sie wollen aber auch Renzi stürzen sehen, weshalb das Referendum zu einer Abstimmung über die sozialdemokratische Regierung geworden ist.
In der EU besteht die Befürchtung, dass ein "Nein" die populistischen und euro-kritischen Kräfte in dem Land stärken wird. Aber auch auf den Finanzmärkten wird der Ausgang des Referendums mit Sorge erwartet. Italien ist die drittgrößte Volkswirtschaft im Euro-Raum und hochverschuldet. Zudem bekommt das Land seine Bankenkrise nicht in den Griff.
Politische Unstabilität könnte daher zu einer weiteren Verschärfung der Krise führen - möglicherweise auch in der gesamten Euro-Zone. Experten hatten allerdings auch vor einer Panikmache gewarnt. Sollte es wirklich zu einem Regierungssturz kommen, könnte eine Übergangs- oder Technokratenregierung eingesetzt werden. Ein Machtvakuum soll es laut Renzi nicht geben.
dpa/est - Foto: Claudio Giovannini/AFP