Die beiden Vorsitzenden der pro-kurdischen Partei HDP, Selahattin Demirtas und Figen Yüksekdag, sind im Zuge von Terrorermittlungen festgenommen worden. Das berichtete der staatliche türkische Sender TRT in der Nacht zum Freitag. Die beiden gehören zu zahlreichen HDP-Abgeordneten im türkischen Parlament, deren Immunität im vergangenen Mai auf Betreiben des Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdogan aufgehoben worden war. Demirtas wurden den Berichten zufolge in Diyarbakir festgenommen, Yüksekdag in der Hauptstadt Ankara.
Der Sprecher der kurdischen Partei DBP, dem kommunalen Ableger der HDP, teilte mit, neben Demirtas und Yüksekdag seien sieben weitere HDP-Abgeordnete festgenommen worden. Darunter sei Ferhat Encu, dem am Donnerstag die Ausreise aus der Türkei verweigert worden war. Die HDP verbreitete über den Dienst Periscope zudem ein Video, dass eine Polizeirazzia in der HDP-Zentrale in Diyarbakir zeigen soll. «Die Polizeibeamten stehen vor meinem Haus in Diyarbakir mit dem Beschluss, mich gewaltsam in Gewahrsam zu nehmen», twitterte Demirtas kurz vor seiner Festnahme.
In den sozialen Medien wurden Livevideos von den Festnahmen und anschließenden Hausdurchsuchungen gezeigt. Erdogan hält die HDP für das Sprachrohr der verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK im Parlament. In den vergangenen Wochen hatte die türkische Regierung bereits in mehr als zwei Dutzend kurdischen Gemeinden die Bürgermeister durch Zwangsverwalter ersetzt. Demirtas und Yüksekdag wird von der Staatsanwaltschaft die Verbreitung terroristischer Propaganda vorgeworfen.
Diyarbakir von Explosion erschüttert
Nach der Festnahme von vielen Abgeordneten der pro-kurdischen Oppositionspartei HDP ist es am Freitagmorgen in der Kurdenmetropole Diyarbakir zu einer schweren Explosion gekommen. Der Sender CNN TÜRK berichtet, mindestens 30 Menschen seien verletzt worden. Anwohner berichteten, die Explosion habe sich in der Nähe des Polizei-Hauptquartiers ereignet. Die Behörden verhängten eine Nachrichtensperre.
Polizei behindert Pressekonferenz
Nach den Festnahmen von mindestens elf Abgeordneten der pro-kurdischen Partei HDP haben türkische Polizisten versucht, eine Pressekonferenz der Oppositionspartei in Ankara zu verhindern. Reporter vor Ort berichten, die Polizei lasse Journalisten auch mit dem Presseausweis der Regierung nicht durch die Absperrungen an der HDP-Zentrale. Ob die Pressekonferenz im Laufe des Tages noch stattfinden kann, ist unklar.
dpa/est/sh - Foto: Ilyas Akengin (afp)